Die römisch-katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) habe im Jahr 2003 die Initiative „Solidarität mit verfolgten und bedrängten Christen“ ins Leben gerufen, informierte der Bamberger Erzbischof Dr. Ludwig Schick, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der DBK. Sie wolle damit die Aufmerksamkeit von Kirchengemeinden und Öffentlichkeit stärker auf die Situation jener Christen lenken, deren Menschenrechte eingeschränkt und missachtet würden. Deshalb werde jährlich vom Internationalen Katholischen Missionswerk missio eine Arbeitshilfe mit einer wechselnden Schwerpunktregion veröffentlicht. Diesmal gehe es um die Situation in Pakistan.
Christen seien dort im Alltag vielfältigen Diskriminierungen und Benachteiligungen ausgesetzt. Sie fühlten sich zu Recht als Bürger zweiter oder dritter Klasse, denn viele der Benachteiligungen seien in der Islamischen Republik Pakistan gesetzlich verankert. So könnten laut Schick beispielsweise nur Muslime Richter werden, oder die Aussage eines Christen habe vor Gericht schon formal weniger Gewicht als die eines muslimischen Bürgers. Ein besonderes Problem stelle die sogenannte Blasphemiegesetzgebung dar. Es handele sich dabei um Artikel 295 des pakistanischen Strafgesetzbuches, der unter anderem die Zerstörung oder Schändung religiöser Stätten, die Schändung des Korans und die Schmähung des Propheten Mohammed unter harte Strafen stelle. Halte man sich vor Augen, dass die Schmähung des Propheten mit der Todesstrafe und die Schändung des Korans mit lebenslanger Haft geahndet werden könnten, erkenne man die für die Angeklagten erschreckende Situation. Aber auch die Angeklagten, die vom Vorwurf der Blasphemie freigesprochen würden, seien nicht sicher. Die meisten suchten ihr Heil in der Flucht aus Pakistan, da sie andernfalls der Bedrohung durch religiöse Eiferer kaum entgehen könnten.
Erzbischof Schick wies darauf hin, dass die allgemeine Benachteiligung nicht allein Christen in Pakistan treffe. Hindus und andere religiöse Minderheiten seien von der religiösen Intoleranz und Gewalt ebenso betroffen wie manche islamische Gruppe, die nicht zur Hauptströmung des Islam in Pakistan gehöre. Ausserdem dürfe nicht unerwähnt bleiben, dass die Christen in weiten Teilen des Landes unbehelligt leben und arbeiten könnten. Auch bestehe weitestgehend Freiheit des Kultes, sodass es Christen überall erlaubt sei, Gottesdienst in ihren Kirchen zu feiern. Allerdings lebten die Christen, wie alle religiösen Minderheiten, in einer ständigen Rechtsunsicherheit und in der Angst vor Übergriffen und Beschuldigungen.
Nach Prälat Dr. Klaus Krämer, Präsident von missio in Aachen, seien von den 187 Millionen Einwohnern Pakistans 97,5 Prozent Muslime und nur zwei Prozent Christen. Dazu kämen als weitere nicht-muslimische Minoritäten Baha‘i (79.000), Sikhs (20.000) und Parsen/Zoroastrier (20.000). Die Christen seien je zur Hälfte römisch-katholisch und protestantisch. Bei den Protestanten sei die wichtigste Religionsgemeinschaft die Church of Pakistan. Dazu kämen die Freikirchen, wie Baptisten, Siebenten-Tags-Adventisten und die Heilsarmee.
Die Verfassung der Islamischen Republik Pakistan garantiere, so Krämer, jedermann im Rahmen einer islamischen Ordnung das Recht, seine Religion zu bekennen, zu praktizieren und zu propagieren. Jede Religionsgemeinschaft habe das Recht, religiöse Einrichtungen zu unterhalten. „Tabu war schon immer und ist auch heute einzig die Missionierung von Muslimen.“ Jedoch sei das Blasphemiegesetz heute das grösste Problem für die Christen in Pakistan. Bei entsprechender Anwendung könne man das Gesetz problemlos missbrauchen, um persönliche Rache zu üben oder „offene Rechnungen“ zu begleichen. Schon der von einer minderjährigen Schülerin falsch geschriebene Name des Propheten reiche für ein Verfahren aus, das mit der Todesstrafe enden könne. Die Lage verschärfe sich aufgrund des allgemeinen Klimas im Land, das von islamischen Fundamentalisten bestimmt werde.
Der jetzt von missio herausgegebene „Länderbericht Religionsfreiheit: Pakistan“ werde durch frühere Länderberichte über die Lage der Religionsfreiheit in Ägypten, Jordanien, Marokko, Tunesien und der Türkei ergänzt. „Die freie Ausübung der Religion ist ein Menschenrecht, das derzeit in vielen Ländern bedroht ist“, betonte Krämer. Die Länderberichte können im Internet unter www.dbk.de.verfolgte-bedraengte-christen bei „Information“ heruntergeladen werden.
Bischof Sebastian Francis Shaw, Apostolischer Administrator der Erzdiözese Lahore in Pakistan, gab zu bedenken: „Die Religion hat in Pakistan grosse Macht über die Menschen. Die Prediger in den Moscheen gelten vielen als ultimative Instanzen. Ihnen widerspricht man nicht.“ Er forderte deshalb die pakistanische Regierung dazu auf, die Imame stärker unter eine behördliche Aufsicht zu stellen. Prediger, die zur Gewalt gegen Minderheiten aufriefen, müssten nach den geltenden Gesetzen zur Rechenschaft gezogen werden. Ausserdem müsse die internationale Gemeinschaft den Druck auf die Regierung Pakistans erhöhen, um den religiösen Minderheiten zu mehr Gleichberechtigung zu verhelfen. „Diskriminierende Gesetze und Vorschriften müssen reformiert werden“, sagte Shaw. Nur so könne die Harmonie zwischen den Religionen in Pakistan gefördert werden.