Die adventistische Kirche im Nordosten Nigerias habe aufgrund der Gewaltausbrüche keine Verluste an Menschenleben zu beklagen oder Zerstörungen von Gebäuden, sagte Pastor Bindas Stephen Haruna, Präsident der Kirchenregion. Beim Wiederaufflammen der Angriffe durch die extremistische Terrorgruppe „Boko Haram“ auf Christen und Kirchen sei hingegen das Eigentum einiger Kirchenmitglieder geplündert oder angezündet worden.
Nach Angaben der römisch-katholischen Bischöfen Nigerias ist die Gewalt zwischen Christen und Muslimen nicht primär im Religiösen zu suchen. "Es geht um die gerechte Verteilung von Macht, Land und Öl-Reichtum. Das Streben nach dem Gottesstaat ist nur ein religiös und gewalttätig aufgeladener Ruf nach Gerechtigkeit", sagte laut Kathpress der Erzbischof von Jos, Ignatius Kaigama. Auch die Streichung der Verbilligung des Treibstoffs durch die nigerianische Regierung habe zu den Gewaltausbrüchen beigetragen, berichtet Adventist News Network (ANN), was zur Verdoppelung der Benzinpreise und landesweiten Demonstrationen geführt habe.
Besorgt zeigten sich die nigerianischen Bischöfe über die "Hilflosigkeit der Regierungsstellen im Umgang mit den wachsenden Sicherheitsproblemen", so Kathpress. Mit militärischer Gewalt allein seien die Konflikte allerdings nicht zu lösen. In einem Land, in dem 70 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten, gelte es vor allem, die Sozial- und Bildungspolitik zu reformieren.
Die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie habe die religiösen Führer aufgefordert sich klar gegen Gewaltanwendung auszusprechen. “Leiter der christlichen Kirchen sollen sich weiterhin für den Frieden und das Gemeinwohl einsetzen und darüber predigen, dass Christen keine Vergeltung üben“, so die Schriftstellerin. “Muslimische Führer müssen ständig und mit allem Nachdruck die Gewaltanwendung gegenüber Christen verurteilen. Es ist auch an ihnen, klar zu machen, dass Boko Haram nicht Teil des nigerianischen Islam ist”, sagte Adichie.
Laut ANN habe die andauernde Gewalt zwischen christlichen und muslimischen Gruppen im Nordosten Nigerias zu einer grossen Verunsicherung, der Menschen geführt. Der Kirchgang sei massiv zurückgegangen, weshalb manche Kirchen geschlossen werden mussten.
Die adventistische Kirchenleitung in Nigeria habe wegen der prekären Sicherheitslage und der nächtlichen Ausgangssperre evangelistische Grossveranstaltungen ausgesetzt, wie Kirchenverantwortliche mitteilten. Die Gemeindemitglieder seien ermutigt worden, den Glauben an Jesus Christus in Kleingruppen weiterzugeben sowie zu beten und zu fasten.
Nigeria ist mit rund 155 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Staat Afrikas. Über die Hälfte der Einwohner bekennt sich zum Islam; vor allem der Norden ist fast ausschliesslich islamisch geprägt. Der Anteil der Christen in Nigeria wird mit 40 bis knapp unter 50 Prozent angegeben. Das islamische Nordnigeria ist noch ärmer als der christliche Süden, wo das Öl fliesst, zählt aber zwei Drittel der Bevölkerung. Schon in den 1980er-Jahren, lange vor den Auseinandersetzungen im zentralnigerianischen Jos (November 2008 und Frühjahr 2010), kam es in mehreren Städten zu Gewalt mit religiösem Hintergrund, schreibt Kathpress.
In Nigeria leben rund 277.000 erwachsen getaufte Siebenten-Tags-Adventisten, die in 858 Kirchgemeinden den Gottesdienst feiern. Sie unterhalten eine Universität, drei Gymnasien, zwei technische Gymnasien, zwei Mittelschulen, 101 Grundschulen, ein Waisenhaus, vier Spitäler, 18 Kliniken und zwei Veterinärkliniken.