50 Jahre nach dem 2. Vatikanischen Konzil mache sich Ernüchterung breit, so die Fokolar-Bewegung, Organisatoren der Ökumene-Tagung vom 8. November in Bern an der sich Kardinal Kurt Koch, und Gottfried Locher, Kirchenbundpräsident sowie Maria Voce, Präsidentin der Fokolar-Bewegung über den Stand der ökumenischen Kontakte und Perspektiven für die Zukunft austauschten.
Kurt Koch: Ökumene mit unklaren Zielen
Kardinal Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen hielt fest, dass man beim Autofahren nicht überholen könne, ohne vorher in den Rückspiegel zu schauen. Gleichermassen sei es bei den zwischenkirchlichen Kontakten gut, auf das zu schauen, was an Verständigung und Annäherung erreicht wurde, und das sei nicht wenig. Das katholische Lehramt verstehe das ökumenische Engagement nicht als Kür, sondern als Pflicht und sei irreversibel. Das Ziel der Ökumenischen Bewegung hingegen, „die sichtbare Einheit im Glauben, in den Sakramenten und in den kirchlichen Ämtern“, so Koch, habe man noch nicht erreicht. Vielmehr sei das Ziel der Ökumenischen Bewegung in den letzten Jahrzehnten „immer undeutlicher geworden“, man habe keine tragfähige Verständigung darüber erzielt und sei uneins darüber, weil man unterschiedlich Zielvorstellungen habe. Es sei an der Zeit, so Kardinal Kurt Koch, sich gemeinsam darauf zu besinnen, „wohin die weitere ökumenische Reise gehen soll.“
Gottfried Locher: Wandlungsverständnis ist Grundproblem der Ökumene
Nach Pfarrer Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK), stelle das Verständnis der Wandlung beim Abendmahl sowohl das Grundproblem als auch den Schlüssel zur Ökumene dar. Nach katholischem Verständnis ist Jesus Christus im Brot und Wein real präsent, wogegen die Reformierten dies als eine symbolische Gegenwart verstehen. Es stelle sich die Frage, ob das Verwandelnde beim Abendmahl eine Wirkung des gepredigten Wortes Gottes oder des Sakraments sei, so Locher. Kirchliche Annäherung bedinge eine solche im Wandlungsverständnis.
Maria Voce, Präsidentin der Fokolar-Bewegung, machte in ihrem Beitrag deutlich, dass die Liebe von Christus das zentrale Element sei, um der Ökumene Gestalt zu geben. Die Fokolar-Bewegung ist eine in 182 Ländern vertretene Bewegung von Menschen, die sich für Einheit und Geschwisterlichkeit engagieren. Sie ist 1943 in Trient entstanden und wird zu den christlichen Aufbruchsbewegungen des 20. Jahrhunderts gerechnet. Ihre Ursprünge liegen in der katholischen Kirche, doch engagieren sich in der Bewegung inzwischen Christen aller Kirchen. Ausserdem fühlen sich ihr Menschen anderer Religionen und nichtreligiöser Weltanschauungen verbunden. Die Schwerpunkte der Fokolar-Bewegung liegen im gesellschaftlich-sozialen, als auch im kirchlich-religiösen Bereich.
Die Referate werden auf der Website der Fokolar-Bewegung als Download zur Verfügung stehen: www.fokolar-bewegung.ch