Die Vorstände der Freikirchenleitungen der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland (Nord- und Süddeutscher Verband), Österreich und der deutschsprachigen Schweiz haben während einer Tagung an der adventistischen Theologischen Hochschule in Collonges/Frankreich in der Nähe von Genf gemeinsam eine „Erneute Stellungnahme der Siebenten-Tags-Adventisten zu jeder Form des Antisemitismus“ beschlossen. Die Vorstände bestehen jeweils aus dem Präsidenten, seinem Stellvertreter und zugleich Sekretär (Geschäftsführer) sowie dem Schatzmeister.
In der Stellungnahme wird auf die „Erklärung der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland und Österreich zum 60. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkriegs“ vom Mai 2005 Bezug genommen. Darin bekannten die adventistischen Kirchenleitungen in den beiden Ländern ihr Versagen während der NS-Diktatur.
In der Erklärung von 2005 wurde „zutiefst beklagt“, dass es während der NS-Zeit in adventistischen Veröffentlichungen Aussagen zum jüdischen Volk gegeben habe, die „der rassistischen Ideologie des Antisemitismus in einer Weise Ausdruck gaben, die aus heutiger Sicht unfassbar“ sei. Von einzelnen positiven Ausnahmen abgesehen, hätten „viele Siebenten-Tags-Adventisten an der Not und dem Leid ihrer jüdischen Mitbürger keinen Anteil“ genommen. Sie seien „ausgegrenzt und ausgeschlossen, sich selbst überlassen und so Gefangenschaft, Vertreibung oder Tod ausgeliefert“ worden. Deshalb bekannten die Kirchenleitungen, „dass wir gegenüber dem jüdischen Volk ... schuldig geworden sind“. Sie wollten künftig, „nachdrücklich“ dafür einzutreten, „dass niemand aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität oder Geschlecht ausgegrenzt und benachteiligt wird“. Auch solle „die Vergangenheit nicht in Vergessenheit“ geraten, „sondern als bleibendes Mahnmal uns auch heute vor Augen“ stehen.
„Diese Worte machen deutlich“, heisst es in der erneuten Stellungnahme, „dass wir als Siebenten-Tags-Adventisten jeden Antisemitismus entschieden ablehnen und antisemitische Äusserungen in unseren Gemeinden nicht dulden.“
Grund der Stellungnahme ist der Vortrag „König des Nordens“, Teil 2, den Dr. Walter Veith, ein Adventist aus Südafrika, am 20. Oktober 2012 in Nürnberg hielt und der auch im Internet übertragen wurde. „Darin vertrat er die These, dass Freimaurer und Jesuiten die NS-Zeit genutzt hätten, um die Juden endlich nach Palästina zu bringen, damit die Christenheit von den eigentlichen biblischen Aussagen abgelenkt und in die Irre geleitet werde“, so die Stellungnahme. Eingebettet in diesen „verschwörungstheoretischen Ansatz“ verwende der Redner Begriffe, wie die „Verherdung“ der Juden im Sinne eines Zusammentreibens. Auch verharmlose er den Judenstern als „gelbes Tüchlein“. „Nach unserer Auffassung sind solche Bezeichnungen antisemitisch, diskriminierend und kommen einer strafrechtlichen Verharmlosung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft sehr nahe.“
Die adventistischen Kirchenleiter betonen: „Wir distanzieren uns entschieden von derartigen Äusserungen und Verschwörungstheorien. Wir sehen darin nicht unseren Verkündigungsauftrag. Hier wird eine spekulative Weltsicht verbreitet, die in der Bibel keine Grundlage findet und vom eigentlichen Anliegen des Evangeliums ablenkt. Zudem entspricht die Art und Weise des Vortrags nicht einem ethisch vertretbaren Umgang mit anderen Religionen.“ Den adventistischen Dienststellen und Gemeinden werde nahegelegt, dafür Sorge zu tragen, „dass derartige Veranstaltungen weder in unserem Namen noch in unseren Räumlichkeiten stattfinden“.
Walter Veith, 1949 geboren, promovierte 1979 an der Universität Kapstadt über die Ernährungsweise des Klippfisches Clinus superciliosus im embryonalen Zustand. An südafrikanischen Universitäten hielt er eine Zeitlang als Professor Vorlesungen in Zoologie und Physiologie. Mitte der 1980er Jahre schloss er sich in Südafrika der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten an. Veith, der auch deutsch spricht, entwickelte Vortragsreihen über Kreationismus (Schöpfungsglaube), Ernährung und biblische Endzeitprophetie, die er auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz hält. Dabei arbeitet er eng mit dem privaten, von der Freikirche unabhängigen Verein „Amazing Discoveries“ zusammen, der Mitschnitte seiner Vorträge zum Kauf anbietet.
Der Wortlaut der Stellungnahme:
Erneute Stellungnahme der Siebenten-Tags-Adventisten zu jeder Form des Antisemitismus
Als Kirchenleitung erinnern wir an die „Erklärung der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland und Österreich zum 60. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkriegs“ vom Mai 2005. Darin bekennen die adventistischen Kirchenleitungen in Deutschland und Österreich ihr Versagen während der NS-Diktatur.
In der Erklärung wurde zutiefst beklagt, dass es damals in adventistischen Veröffentlichungen Aussagen zum jüdischen Volk gab, die „der rassistischen Ideologie des Antisemitismus in einer Weise Ausdruck gaben, die aus heutiger Sicht unfassbar“ ist. Von einzelnen positiven Ausnahmen abgesehen, nahmen „viele Siebenten-Tags-Adventisten an der Not und dem Leid ihrer jüdischen Mitbürger keinen Anteil“. Sie wurden „ausgegrenzt und ausgeschlossen, sich selbst überlassen und so Gefangenschaft, Vertreibung oder Tod ausgeliefert“. Deshalb bekannten die Kirchenleitungen, „dass wir gegenüber dem jüdischen Volk ... schuldig geworden sind“. Sie gaben ihre Absicht bekannt, „nachdrücklich“ dafür einzutreten, „dass niemand aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität oder Geschlecht ausgegrenzt und benachteiligt wird“. Auch soll „die Vergangenheit nicht in Vergessenheit“ geraten, „sondern als bleibendes Mahnmal uns auch heute vor Augen“ stehen.
Diese Worte machen deutlich, dass wir als Siebenten-Tags-Adventisten jeden Antisemitismus entschieden ablehnen und antisemitische Äusserungen in unseren Gemeinden nicht dulden.
Am 20.10.2012 hielt Walter Veith in Nürnberg den Vortrag „König des Nordens (2)“, der auch im Internet übertragen wurde. Darin vertrat er die These, dass Freimaurer und Jesuiten die NS-Zeit genutzt hätten, um die Juden endlich nach Palästina zu bringen, damit die Christenheit von den eigentlichen biblischen Aussagen abgelenkt und in die Irre geleitet werde.
Eingebettet in diesen verschwörungstheoretischen Ansatz verwendete der Redner Begriffe, wie die „Verherdung“ der Juden im Sinne eines Zusammentreibens. Auch verharmloste er den Judenstern als „gelbes Tüchlein“. Nach unserer Auffassung sind solche Bezeichnungen antisemitisch, diskriminierend und kommen einer strafrechtlichen Verharmlosung der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft sehr nahe.
Wir distanzieren uns entschieden von derartigen Äusserungen und Verschwörungstheorien. Wir sehen darin nicht unseren Verkündigungsauftrag. Hier wird eine spekulative Weltsicht verbreitet, die in der Bibel keine Grundlage findet und vom eigentlichen Anliegen des Evangeliums ablenkt. Zudem entspricht die Art und Weise des Vortrags nicht einem ethisch vertretbaren Umgang mit anderen Religionen. Aus diesem Grund legen wir unseren Dienststellen und Gemeinden nahe, dafür Sorge zu tragen, dass derartige Veranstaltungen weder in unserem Namen noch in unseren Räumlichkeiten stattfinden.
Collonges/Frankreich, den 07.11.2012
Die Vorstände der
Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland, Nord- und Süddeutscher Verband
Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Österreich
Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, Deutschschweizerische Vereinigung