Eine Rückbekehrungszeremonie am 26. August von Mitgliedern der protestantischen Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten zum Hinduismus, die im adventistischen Kirchengebäude im Dorf Asroi/Indien stattfand, habe die adventistische Kirchenleiter in Indien veranlasst, die Behörden um Abklärungen zu bitten, teilte Adventist News Network ANN mit. Die Kirchenleitung befürchte, dass fundamentalistische Hindus in Asroi bei Aligarh, 170 Kilometer südlich der Hautstadt Neu-Delhi, im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh, die Adventisten möglicherweise zum Glaubenswechsel gezwungen hätten.
„Wir haben eine Antrag an die lokalen und übergeordnete Behörden gestellt und um eine Untersuchung gebeten", sagte T. P. Kurian, Kommunikationsdirektor der überregionalen Kirchenleitung der Adventisten in Südasien, mit Sitz in Hosur, Tamil Nadu/Indien.
Die Adventgemeinde in Asroi wurde 2001 mit 33 Kirchenmitgliedern gegründet. 2004 sei das Grundstück gekauft worden auf dem eine adventistische Freiwilligenorganisation aus den USA im Jahr 2005 das Kirchengebäude erstellt habe. 2007 hätten zwei Familien die Kirche verlassen, sodass noch 20 Mitglieder verblieben seien. Vor der Rückbekehrungszeremonie hätten jedoch nur noch fünf bis sieben Kirchenmitglieder die adventistischen Gottesdienste regelmässig besucht, so ANN.
Eine vierköpfige adventistische Delegation, habe nach der Zeremonie Asroi besucht. In ihrem Bericht habe sie festgehalten, dass es Hinweise gebe, wonach fundamentalistische Hindugruppen die adventistischen Gläubigen gezwungen hätten, zu ihrem früheren Glauben zurückzukehren, sagte Mohan Bhatti, Kommunikationsdirektor der regionalen adventistischen Kirchenleitung in Nordindien, mit Sitz in Neu-Delhi.
Tendenziöse Medienberichte?
Laut indischen Medienberichten hätten sich Dutzende von aktiven und inaktiven Adventisten bei der Zeremonie wieder zum Hinduismus bekannt. Zudem hätten hinduistische Fundamentalisten den adventistischen Gottesdienstraum in einen Tempel des Hindu-Gottes Shiva verwandelt und das Kreuz mit einem Götterbild ersetzt. Die adventistische Delegation habe bei ihren Untersuchungen aber nichts derartiges im Gottesdienstraum festgestellt, so ANN. „Es wurde dort weder ein Götterbild von Shiva gefunden noch ist die Kirche in einen Tempel umgewandelt worden“, heisst es im Bericht der Delegation. Es scheine, dass während der Zeremonie „ein Poster von Shiva“ für einige Momente an der Wand angebracht worden sei, um dies später mittels Video und Fotografie zu publizieren. Weiter heisst es im Bericht, dass das Gebäude unter polizeilicher Überwachung stehe, um jegliche Beschädigung zu vermeiden. „Wir haben weiterhin die Freiheit, unsere wöchentlichen Gottesdienste durchzuführen.“
Laut ANN ist unklar, wie viele ehemalige Adventisten sich wieder dem Hinduismus zugewandt haben. Indische Medien hätten mit Bezug auf Hindu-Aktivisten, die an der Zeremonie teilgenommen hätten, von 72 Adventisten gesprochen. Dies stehe aber im Widerspruch mit den wesentlich tieferen Mitgliederzahlen der Kirche, so ANN.
Der Verlust der letzten Kirchenmitglieder überrasche ihn, sagte Pastor S. P. Singh, Mitglied der adventistischen Delegation in Asroi. „Der Ortspastor, Vikas Paswan, hat die Kirche während zehn Jahren betreut", so Singh. „Er führte regelmässig am Sabbat [Samstag] den Gottesdienst durch. Er hatte keinerlei Anlass anzunehmen, dass in der Zukunft so etwas geschehen würde.“
Hindus bezeichnen die Rückbekehrung als freiwillig
Khem Chandra, der an der Rückbekehrungszeremonie teilgenommen hatte und Mitglied der Rashtriya Swayamsevak Sangh RSS, einer nationalistischen Hindu-Gruppe ist, sagte gegenüber Times of India, dass das Geschehene offensichtlich sei. Die Adventisten hätten zuvor den Hinduismus verlassen. Jetzt hätten sie ihren Fehler erkannt und wollten wieder zurückkommen. „Wir heissen sie willkommen." Der Hindu-Aktivist sagte auch, dass er im Laufe der Jahre acht adventistische Familien kennengelernt und besucht habe. Dabei habe er sie aufgefordert, ihren Glauben zu überdenken.
„Es ist das Recht jedes Einzelnen sich der Religion seiner Wahl zuzuwenden, aber solche Massenkonversionen beinhalten politischen, sozialen und physischen Zwang sowie die Androhung von Gewalt", sagte John Dayal, Mitglied des nationalen Integrationsrates gegenüber UCAnews.com, einer unabhängigen katholischen Nachrichten-Website.
Khem Chandra, Hindu-Aktivist, äusserte laut ANN die Hoffnung, dass bald ein erster Hindu-Tempel im Dorf eröffnet werden könne, vielleicht sogar im Gebäude der Adventisten. „Wir werden uns über die Kirche Gedanken machen. Sie gehört den Missionaren, aber der Boden, auf dem sie steht, gehört zu Hindustan", sagte er. „Wir werden nicht auf unserer Dharti [Erde] Kompromisse eingehen. Gemeinsam mit den Dorfbewohnern werden wir über den Tempel entscheiden", erläuterte Chandra.
Adventisten für freie Wahl der Religion
„[Religiöse] Freiheit umfasst auch das Recht, die Religion zu wechseln und andere – mit allem Respekt – einzuladen, ebenfalls ihre Religionszugehörigkeit zu ändern“, steht in einer Erklärung der adventistischen Weltkirchenleitung von 1996 zur Religionsfreiheit.
In der adventistischen „Stellungnahme zu Religionsfreiheit, Evangelisation und Proselytismus“ aus dem Jahr 2000 heisst es: „Im Zusammenhang mit der Verbreitung von Religion stellt sich auch die Frage des ‚Proselytismus’, der auf unterschiedliche Weise verstanden wird und zunehmend eine abwertende Bedeutung in Zusammenhang mit unmoralischen Überzeugungsmethoden, einschliesslich Gewalt, erhält. Die Siebenten-Tags-Adventisten verurteilen eindeutig die Verwendung solcher Mittel... Evangelistische und missionarische Aktivität muss die Menschenwürde respektieren.“
Adventisten in Indien
In Indien, der grössten Demokratie der Welt, leben 1,237 Milliarden Menschen. Davon sind 1,538 Millionen Mitglieder der Siebenten-Tags-Adventisten, die in 4.280 Kirchen samstags den Gottesdienst feiern. Die Adventisten unterhalten in Indien 106 Primarschulen mit 36.600 Schülern, 160 Sekundarschulen mit 134.000 Schülern, acht Hochschulen und eine Universität, zwölf Krankenhäuser, zwei Waisenhäuser und einen Verlag. Die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe ADRA Indien war 2012 mit 111 Mitarbeitenden in 16 Projekten und einer Projektsumme von 283.000 US-Dollar tätig und konnte 93.000 Bedürftigen helfen.