Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) hat das Recht auf Kriegsdienstverweigerung betont. Anlass ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg vom 26. Februar 2015, wonach der Asylantrag des US-Soldaten André Shepherd vor einem deutschen Gericht verhandelt werden muss (Az.: C-472/13).
Wartungstechniker für US-Kampfhubschrauber beantragt Asyl in Deutschland
Shepherd war der erste US-Deserteur, der einen Asylantrag in Deutschland stellte. Mit seiner Fahnenflucht am 11. April 2007 aus einem US-Stützpunkt in Bayern und dem Asylantrag vom 26. November 2008 wollte er einem erneuten Einsatz im Irak entgehen. Im Irakkrieg hatte der heute 37-jährige Techniker Apache-Kampfhubschrauber gewartet. Den US-Einsatz im Irak sah er aber mittlerweile als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Bei der Begründung seines Asylantrags machte er geltend, dass ihm wegen seiner Desertion Strafverfolgung drohe. Ausserdem beeinträchtige die Fahnenflucht, die aus amerikanischer Sicht ein Kapitalverbrechen sei, sein Leben, weil sie ihn in seinem Land sozialer Ächtung aussetze. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte am 4. April 2011 den Asylantrag ab. Dagegen klagte Shepherd beim Verwaltungsgericht München. Dieses rief im September 2013 den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren an und bat um die Auslegung der europäischen Richtlinie über den Flüchtlingsstatus eines Verfolgten.
Hohe Hürden für den Asylanspruch eines Deserteurs
Laut dem nun vorliegendem Urteil des Europäischen Gerichtshofs könne auch ein Deserteur aus einem Drittland mit lediglich logistischer oder unterstützender militärischer Funktion Asyl beanspruchen. Voraussetzung sei jedoch, dass dem Wartungsmechaniker durch seine Tätigkeit eine indirekte Verwicklung in Kriegsverbrechen gedroht hätte. Eine mögliche Freiheitsstrafe oder die unehrenhafte Entlassung aus der Armee wären jedoch keine Asylgründe im Sinne des europäischen Rechts. Der Flüchtlingsschutz sei auch ausgeschlossen, wenn der Antragsteller sich nicht vorrangig um die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer bemüht habe, es sei denn, ihm stand kein derartiges Verfahren zur Verfügung. Dies alles zu prüfen sei jedoch Sache der nationalen Behörden und Gerichte. Auf der Grundlage des Urteils des EuGH habe daher das Verwaltungsgericht München über den Asylantrag des aus Cleveland, Ohio, stammenden Mannes zu entscheiden.
Kriegsdienstverweigerung Teil der Glaubens- und Gewissensfreiheit
„Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht“, unterstreicht dazu der Bundesvorsitzende der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK), Dr. Christoph Münchow. Es müsse möglich sein, dass Soldatinnen und Soldaten jederzeit einen Einsatz aus Gewissensgründen verweigern dürften, weil sie konkrete Einsätze nicht unterstützen könnten. Wenn Einsätze der Soldaten politisch umstritten seien, weil es möglicherweise unterschiedliche völkerrechtliche Beurteilungen gebe, dann müsse ein Soldat hierzu auch Nein sagen können, gab Münchow zu bedenken.
Kriegsdienstverweigerung sei ein unverzichtbarer Teil der Glaubens- und Gewissensfreiheit, betonte auch die EAK-Geschäftsführerin Maria Schiffels. Kriegsdienstverweigerung, aber auch Desertion, wären mutige persönliche Schritte aus Gewissensnot, die geachtet werden müssten. Darum sei der aktuelle Fall des US-Soldaten André Shepherd auch bedeutend. Hier könne Deutschland zeigen, dass das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung ernst genommen werde und Menschen, die eine Verfolgung aus diesem Grund befürchten müssten, auch Schutz erhielten, so Maria Schiffels.