Die Vorstände des Nord- und Süddeutschen Verbandes der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten haben die Entscheidung der adventistischen Delegierten der 60. Generalkonferenz-Vollversammlung zur Frauenordination bedauert. Am 8. Juli hatte die Weltsynode in San Antonio, Texas/USA, mit 1.381 gegen 977 Stimmen den Vorschlag abgelehnt, es den 13 Divisionen, welche den Verbänden als Kirchenleitungen in den einzelnen Erteilen übergeordnet sind, zu überlassen, selbst zu entscheiden, ob sie Frauen zum Pastorendienst ordinieren.
Entscheidung respektiert – Suche nach angemessener Lösung
In der Stellungnahme heisst es: „Eine positive Antwort wäre aus unserer Sicht angemessen und überfällig gewesen und hätte dem mutigen (Pionier-)Geist der Adventbewegung besser entsprochen.“ Die Erklärung wurde unterzeichnet vom Norddeutschen Verband in Hannover von den Pastoren Johannes Naether (Präsident) und Friedbert Hartmann (Generalsekretär) sowie von Schatzmeister Günter Brecht und vom Süddeutschen Verband in Ostfildern bei Stuttgart von den Pastoren Rainer Wanitschek (Präsident), Jochen Streit (Generalsekretär) und Werner Dullinger (Schatzmeister).
Die Vorstände fügen hinzu: „Gleichzeitig respektieren wir den Willen der Mehrheit der Vollversammlung der Generalkonferenz.“ Sie betonen: „Wir treten jedoch entschieden jeder Form der Diskriminierung von Frauen entgegen. Wir glauben, dass Männer wie Frauen mit denselben Gaben ausgestattet werden, die für den Dienst als Pastor/Pastorin erforderlich sind. Deshalb werden wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Frauen als vollbeauftragte Pastorinnen in unseren Gemeinden einzusetzen.“ Die deutschen Freikirchenleiter ermutigen junge Frauen, sich an der adventistischen Theologischen Hochschule in Friedensau bei Magdeburg zum Dienst als Pastorin ausbilden zu lassen.
„Während wir die Entscheidung der weltweiten Generalkonferenz achten“, heisst es in der Stellungnahme, „respektieren wir ebenso den erklärten Willen regionaler Delegiertenkonferenzen, die mit grosser Mehrheit für die Ordination der Frau zum Predigtamt gestimmt haben. Für die daraus erwachsenden Spannungen suchen wir nach angemessenen Lösungen.“ Die Stellungnahme der beiden deutschen Verbände endet mit den Worten: „Wir werden auch in Zukunft alle Möglichkeiten nutzen, um die Verkündigung des Evangeliums durch Männer und Frauen zu stärken, und wissen uns darin mit der weltweiten Freikirche verbunden.“
Der Wortlaut der Stellungnahme ist im Internet zu finden unter: http://www.advent-verlag.de/cms/cms/upload/spezial/2015-SanAntonio/Frauenordination-Stellungnahme-NDV-SDV-nach-San-Antonio.pdf
Keine unterschiedlichen Standpunkte zur Frauenordination
Bereits im April 2012 hatten die Delegierten des Norddeutschen Verbandes während ihrer Vollversammlung in Geseke (bei Paderborn) mit 160 Ja- und 47 Nein-Stimmen beschlossen, dass innerhalb ihres Verbandes auch Pastorinnen, wie ihre männlichen Kollegen ordiniert werden sollen. Allerdings wurde dort bisher keine derartige Ordination vorgenommen.
2012 hatten neben dem Norddeutschen Verband vier weitere überregionale adventistische Kirchenleitungen Beschlüsse zur geschlechtsunabhängigen Ordination gefasst: Die „Columbia Union Conference“ im Osten und die „Pacific Union Conference“ im Westen der USA sowie die Niederländische und Norwegische Union. Die dänischen Adventisten folgten im Mai 2013.
Die Delegierten des Süddeutschen Verbandes hatten dagegen bei ihrer Vollversammlung am 6. Mai 2012 in Darmstadt den Antrag Frauen zu ordinieren mit 101 Ja- und 128 Nein-Stimmen abgelehnt. Wie deren damaliger Präsident, Pastor Günther Machel, in der August-Ausgabe 2012 der Freikirchenzeitschrift „Adventisten heute“ erklärte, hätten inhaltlich die beiden deutschen Verbände keine unterschiedlichen Standpunkte zur Frauenordination vertreten. Er betonte: „Wir sind für die Gleichstellung und Gleichbehandlung von Frauen im Pastorenamt.“ Nur im Vorgehen habe der Süddeutsche Verband anders entschieden, um einem Beschluss in San Antonio nicht vorzugreifen.
Auch der Exekutivausschuss der Intereuropäischen Division, die adventistische Kirchenleitung in West- und Südeuropa, sprach sich in seiner Herbstsitzung im November 2013 in Madrid einstimmig dafür aus, Frauen zum Pastorenamt „unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der unterschiedlichen Länder/Verbände“ zu ordinieren.
Bisherige Beschlüsse zum Dienst von Frauen in der Kirche bleiben bestehen
Noch während der Generalkonferenz-Vollversammlung in San Antonio hatte am 10. Juli der Präsident der Weltkirchenleitung, Pastor Ted N.C. Wilson, klargestellt, dass bisherige Beschlüsse zum Dienst von Frauen in der Kirche durch das Nein zur Frauenordination nicht aufgehoben seien. Frauen könnten nach wie vor auch als ordinierte Gemeindeälteste und „beauftragte“ Pastorinnen in der adventistischen Kirche tätig sein.
1974 beschloss der Exekutivausschuss der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung), dass Frauen als örtliche, ehrenamtliche Gemeindeälteste ordiniert werden dürfen. 1977 beschloss der Exekutivausschuss, dass „beauftragte“, aber noch nicht ordinierte hauptamtliche Pastoren auch Funktionen eines ordinierten Pastors, wie Taufe und Abendmahl, in einer Ortsgemeinde ausüben können, wenn sie als Gemeindeälteste ordiniert wurden. Dadurch erhielten auch als Gemeindeälteste ordinierte Frauen die Möglichkeit, als hauptamtliche Pastorinnen „beauftragt“ zu werden und bestimmte Funktionen in einer Ortsgemeinde auszuüben. Voraussetzung war, dass sie wie ihre männlichen Kollegen ein Theologiestudium absolviert hatten.
Die Weltsynoden 1985 in New Orleans, Louisiana/USA, und 1995 in Utrecht/Niederlande bestätigten diese Praxis. Die Weltsynode 2010 in Atlanta, Georgia/USA, beschloss zudem die Ordination von Frauen als Diakoninnen. Männliche und weibliche Diakone sind in den Ortsgemeinden ehrenamtlich tätig.
Segnung aber keine Ordination
Dagegen hatte die 55. Weltsynode 1990 in Indianapolis/USA sich mit 1.173 Nein- und 377 Ja-Stimmen deutlich gegen eine Ordination von Frauen als Pastorinnen ausgesprochen. Die 56. Weltsynode 1995 in Utrecht/Niederlande entschied sich ebenfalls mit 1.481 zu 673 Stimmen gegen die Ordination.
Frauen können auch künftig nach ihrem Theologiestudium in der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten zwar als Pastorinnen „gesegnet“ und damit beauftragt werden, Amtshandlungen, wie Taufe, Abendmahl, Trauung und Beerdigung, vorzunehmen; doch ist diese Vollmacht örtlich begrenzt. Während die Ordination von Pastoren innerhalb der Freikirche weltweit Gültigkeit hat, dürfen gesegnete Pastorinnen nur in den Gebieten wirken, die zu einer Kirchenleitung gehören, welche die Segnung auch praktiziert. Ordiniert zum weltweiten Dienst werden lediglich männliche Geistliche. Nur sie dürfen in kirchenleitende Ämter, etwa als Präsident einer „Vereinigung“ oder eines „Verbandes“ (regionale beziehungsweise überregionale Kirchenleitung) berufen werden, da hierfür die Ordination notwendig ist.
Die Zulassung von Frauen als ordinierte Pastorinnen ist ausserhalb von Nordamerika, Westeuropa, China und Australien/Ozeanien, wo nur etwa 13 Prozent der weltweit 18,5 Millionen Adventisten leben, umstritten.