Das Stadtgericht der kasachischen Hauptstadt Astana hat am 28. Dezember 2015 Yklas Kabduakasov (54), Mitglied der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, zu zwei Jahren Haft in einem Arbeitslager wegen „der Förderung religiösen Hasses“ und „Beleidigung des Propheten Muhammed“ verurteilt. Damit verschärfte das Gericht ein Urteil der Vorinstanz, welches für das Vergehen sieben Jahre Hausarrest vorsah.
Laut der Osloer Menschenrechtsorganisation „Forum 18“ hatte die Polizei den Adventisten am 14. August 2015 verhaftet. Der Angestellte einer Baufirma sei beschuldigt worden, mit anderen über seinen Glauben gesprochen und ihnen christliche Literatur angeboten zu haben. Dabei hätte er religiöse Zwietracht gesät. Die Geheimpolizei („Nationales Sicherheitskomitee“ – KNB) habe Kabduakasov vor seiner Verhaftung schon ein Jahr lang beobachtet. Es scheine, so „Forum 18“, dass das KNB eine Wohnung gemietet habe, in die vier Studenten der Universität Astana den Adventisten zu Gesprächen über Religion einluden, um die Anklage gegen ihn vorzubereiten. Bei seiner Verhaftung seien auch religiöse Bücher in seiner Wohnung beschlagnahmt worden. Die Räumlichkeiten der Adventistengemeinde, die er besuchte, hätte die Polizei ebenfalls durchsucht. Kabduakasov hat acht Kinder. Das jüngste Kind, Daniil, wurde am 12. September, also nach seiner Verhaftung, geboren.
Glaubensgespräche heimlich gefilmt
Die Staatsanwaltschaft habe laut der Osloer Menschenrechtsorganisation dem Angeklagten vorgeworfen, mehrmals öffentlich und absichtlich religiösen Hass gesät zu haben. Auch hätte er in Gesprächen mit seinen Arbeitskollegen den Islam und die Muslime beleidigt und sie unter Druck gesetzt, ihren Glauben zu wechseln. Die Glaubensgespräche, die Kabduakasov mit den vier Studenten zwischen November 2014 und Juli 2015 in der Wohnung führte, seien vom KNB heimlich gefilmt worden.
Gefangener des Monats
Die „Internationale Gesellschaft für Menschenrechte“ (IGFM) und die Evangelische Nachrichtenagentur idea hatten im letzten Jahr Yklas Kabduakasov zum „Gefangenen des Monats September“ benannt und mit einer Unterschriftenaktion den Staatspräsidenten der Republik Kasachstan, Nursultan Nasarbajew, um die umgehende Freilassung des Adventisten gebeten. In der Petition wurde darauf hingewiesen, dass Kasachstan 2006 den „Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ ratifiziert habe. Im Artikel 18 des Paktes ist das Recht auf Religionsfreiheit einschliesslich des Rechtes auf Glaubensweitergabe ausdrücklich garantiert.
Statt Hausarrest jetzt Arbeitslager
Dennoch wurde der Angeklagte am 9. November 2015 von einem Gericht für schuldig befunden und zu sieben Jahren Hausarrest verurteilt, wobei er sich wöchentlich bei der Polizei melden sollte. Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Berufung ein, sodass es vom Stadtgericht in Astana am 28. Dezember mit zwei Jahren Haft in einem Arbeitslager verschärft wurde. Die zwölf Wochen, welche Kabduakasov in Untersuchungshaft verbrachte, werden dabei angerechnet.
Keine Einschränkung des Rechts auf Religionsfreiheit
Pastor Ganoune Diop (Silver Spring, Maryland/USA), Direktor für Öffentliche Angelegenheiten und Religionsfreiheit der Weltkirchenleitung (Generalkonferenz) der Siebenten-Tags-Adventisten, äusserte sich laut Adventist News Network (ANN) besorgt über das Urteil. „Adventisten wehren sich gegen jede Einschränkung des Rechtes auf Religionsfreiheit, zu der das Recht gehört, die eigene Glaubensüberzeugung ohne Behinderung zu bekennen, zu praktizieren und zu verbreiten.“ Er forderte die Behörden Kasachstans auf, in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen gegenüber internationalen Verträgen, Vereinbarungen und Konventionen zu handeln und allen Bürgerinnen und Bürgern die Freiheit der Religion und Weltanschauung zu garantieren.
Dwayne Leslie, stellvertretender Direktor für Öffentliche Angelegenheiten und Religionsfreiheit der adventistischen Weltkirchenleitung, fügte hinzu: „Wir beobachten weltweit in vielen Ländern zunehmende Einschränkungen der Rechte religiöser Minderheiten. Wir sind beunruhigt, wenn gläubigen Menschen untersagt wird, das zu tun, was sie vor ihrem Gewissen für recht halten“, so ANN.
Die Anwältin von Kabduakasov, Shaldykova Gulmira, die das Urteil laut „Forum 18“ als „zu hart“ bezeichnete, empfiehlt ihrem Mandanten gegen das Urteil Beschwerde einzulegen. Der Präsident der Siebenten-Tags-Adventisten in der Euro-Asien Region, Pastor Michael Kaminsky (Moskau), teilte ANN mit: „Wir sind im Gebet für unseren Glaubensbruder und seine Familie vereint.“ Der Geistliche bat die Adventisten weltweit für die Freilassung des Inhaftierten zu beten.
Von den 17,7 Millionen Einwohnern in Kasachstan sind 70 Prozent Muslime, die meisten davon Sunniten. 26 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zum Christentum. Den grössten Anteil bildet die Russische Orthodoxe Kirche. Neben rund 300.000 Katholiken gibt es in Kasachstan unter anderem auch lutherische, mennonitische und baptistische Kirchgemeinden. Die Adventisten zählen dort 2.750 erwachsen getaufte Mitglieder in 42 Gemeinden.