Mit zunehmender Sorge beobachtet die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) die Diskussionen in Europa über die Wiedereinführung und Ausweitung der Wehrpflicht. „Anscheinend setzen immer mehr Regierungen wieder verstärkt auf das Militär angesichts der vielen Konflikte in der Welt“, bedauert Dr. Christoph Münchow, der Bundesvorsitzende der EAK, aus Anlass des Antikriegstages am 1. September. Doch das sei der falsche Weg. Mehr Militär erhöhe die Gefahr des Krieges und sorge nicht für mehr Frieden.
2015 hat das NATO-Mitglied Litauen wegen der Ukraine-Krise die 2008 abgeschaffte Wehrpflicht vorübergehend wieder eingeführt, in Norwegen wurden im Juli die ersten wehrpflichtigen Frauen in die Streitkräfte einberufen, nachdem das NATO-Mitglied Anfang 2015 die Wehrpflicht für Frauen eingeführt hat. Und in der Schweiz wird aktuell über eine Wehrpflicht für Frauen diskutiert, nachdem dies eine Arbeitsgruppe des Schweizerischen Bundesrates im Juli empfohlen hatte.
Besorgniserregende Entwicklungen
„Das alles sind besorgniserregende Entwicklungen“, stellt der EAK-Bundesvorsitzende fest. Er habe Verständnis dafür, wenn die aktuellen Krisen und Konflikte in Europa und der Welt für Ängste sorgen. Aber die Lösung könne nicht lauten, „dass wir wieder aufrüsten und mehr Militär fordern“. Vielmehr sei dies nun „die Stunde der Aussenpolitik und der Diplomatie“. „Als der Kalte Krieg zu eskalieren drohte, sorgte die KSZE damals für eine Entspannung. Warum wird jetzt nicht mehr auf die OSZE gesetzt?“, fragt Münchow.
Er warnte in diesem Zusammenhang auch davor, in Deutschland erneut eine Debatte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu führen. Zuletzt geschah das vor wenigen Tagen im Zusammenhang mit der Vorstellung der neuen „Konzeption Zivile Verteidigung“ (KZV) der Bundesregierung. „Ich bin froh und erleichtert, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière rasch betont hat, dass eine Wiedereinführung der Wehrpflicht derzeit nicht zur Debatte stehe“, so der EAK-Bundesvorsitzende.
Wehrpflicht für Frauen
Äusserst kritisch sehe die EAK vor allem die Einführung einer Wehrpflicht für Frauen. „Ich halte den norwegischen Weg für falsch. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, als würde hier unter dem Deckmantel einer angeblichen Gleichberechtigung von Mann und Frau versucht, die personellen Lücken der dortigen Armee zu schliessen“, meinte Jasmin Schwarz, die Referentin für Frieden und Kriegsdienstverweigerung (KDV) der EAK. „Die Nachfrage nach einer KDV-Beratung nimmt in Deutschland, gerade auch unter Soldatinnen, spürbar zu“, gab Jasmin Schwarz mit Blick auf ihre beruflichen Erfahrungen zu bedenken.
Antikriegstag
Seit 1957 wird in der Bundesrepublik Deutschland, nicht zuletzt auf Initiative der Gewerkschaften, der 1. September in Erinnerung an den deutschen Überfall 1939 auf Polen, als Antikriegstag begangen. In der DDR wurde der 1. September als „Weltfriedenstag“ bezeichnet.