Laut dem World Report 2016 von Human Rights Watch gibt es in Bangladesch weltweit die höchste Rate an Kinderehen mit Mädchen, die jünger als 15 Jahre sind. Im Alter von 18 Jahren seien 65 Prozent aller Mädchen in Bangladesch verheiratet. Die 2014 gegründete adventistische Nichtregierungsorganisation „Kinderrechte und Kinderschutz“ (Child Rights & Protection CRP) führt in Bangladesch im Namen der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten fortlaufend Sensibilisierungs- und Ausbildungsprogramme für Kinderrechte und gegen Kinderehen in Schulen und Kommunen durch. Damit soll auch die sexuelle Ausbeutung von Kindern eingedämmt werden.
Die NGO „Kinderrechte und Kinderschutz“ CRP habe ihre Sensibilisierungs- und Ausbildungsprogramme zuerst in Internaten der adventistischen Kirche durchgeführt, schreibt die nordamerikanische Kirchenzeitschrift Adventist Review AR. Es werden dort auch nichtadventistische Kinder, meist mit muslimischem Hintergrund unterrichtet.
Anfang November habe in einem adventistischen Internat eine Ausbildung für Schulleiter stattgefunden, damit das Wissen zur Prävention von Kinderheiraten, sexueller Ausbeutung und Verletzung der Kinderechte von diesen an ihre Mitarbeiter weitergegeben werden. Es sei Teil der CRP-Strategie über die Schulen die Eltern und speziell die ländlichen Kommunen sowie verarmte Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Aufgrund der kulturellen Traditionen kämen in diesen Bevölkerungsschichten auf dem Land sexuelle Ausbeutung von Kindern sowie Kinderehen öfters vor.
Nationale Telefonnummer für Kinderhilfe
Die Initiative der adventistischen NGO für „Kinderrechte und Kinderschutz“ CRP ergänze sich ideal mit der Lancierung des kostenlosen 24-Stunden Kinderhilfe-Telefons unter der Nummer 1098 durch Scheich Hasina Wajed, Premierministerin von Bangladesch, so AR. Über diese nationale Telefonnummer könnten sich sowohl Kinder in Gefahr melden und Erwachsene sexuellen Missbrauch an Kindern anzeigen. Personen unter 18 Jahren gelten in Bangladesch als Kinder.
Vielfältige Gründe für Kinderheirat
Es brauche viel Geduld und Verständnis für die traditionelle Mentalität, schreibt AR. Die Faktoren für Kinderehen sind vielfältig und kompliziert: Traditionell sind es die Söhne welche in der Kultur von Bangladesch ihre Eltern unterstützen. Töchter werden nach der Heirat in den Familien ihrer Ehemänner aufgenommen. Arme Familien haben nicht die Finanzen, um sowohl Söhne als auch Töchter zu unterstützen, was dazu führt, dass die Söhne Priorität bei der Schulbildung sowie andere Privilegien haben. Damit gekoppelt ist die Tradition, dass die Familie der Braut eine Mitgift für die Familie des Bräutigams mitgibt. Je jünger die Braut, desto kleiner die Mitgift. Das führt dazu, dass es für arme Familien wirtschaftlicher ist, ihre Töchter früh zu verheiraten. Zusätzlich glauben einige Eltern, dass ihre Töchter potenziellen sexuelle Übergriffe oder illegale Beziehungen vermeiden könnten, wenn sie verheiratet sind, bevor sie 15 Jahre alt sind.
Negative Auswirkungen von Kinderheirat grösser als erwartete Vorteile
„Innerhalb von zwei Jahren nach einer Kinderheirat kehren die Mädchen oft mit ihren Kleinkindern in ihre Herkunftsfamilien zurück und damit hat die Familie eine grössere Belastung als zuvor“, sagte Ofelia Raksham, Mitarbeiterin der adventistischen Nichtregierungsorganisation „Kinderrechte und Kinderschutz“. Wenn das Mädchen bei ihrem Mann bleibe, vergrössere dies die Chance, dass sie unter häuslicher Gewalt zu leiden habe. Hinzu komme das Problem, dass die Mädchen nicht wüssten, wie man mit Kleinkindern richtig umgehe, sie pflege und ernähre, da sie selbst noch Kinder seien, sagten Rancy Biswas und Rony Sircar, CRP-Mitarbeitende.
Peergroups als CRP-Strategie gegen Kinderehen
Die NGO für „Kinderrechte und Kinderschutz“ führe in adventistischen Schulen im Land Sensibilisierungsprogramme durch. Den Kindern werde erläutert, welches Verhalten als Missbrauch eingestuft werde, welches ihre Rechte als Kinder seien und wie sie sich gegen Übergriffe wehren könnten. Kinder werden in peer-to-peer Gruppen ausgebildet, wie sie Gleichaltrige auf das Thema ansprechen, sie informieren und wie sie sich schützen könnten. Über die CRP-Sensibilisierungsprogramme an Schulen sollen im muslimisch geprägten Land auch die Leiter von Kommunen erreicht werden, um damit nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Erste Zeltveranstaltungen in Dörfern auf dem Land sind nach Angaben von Adventist Review sehr positiv verlaufen, sodass die NGO gebeten worden sei, das Programm zu wiederholen.
Die Mitarbeitenden der NGO für „Kinderrechte und Kinderschutz“ träumten davon, dass eines Tages Adventisten in Bangladesch mit jenen assoziiert würden, die sich gegen Tragödien wie Kinderehen und Kindsmissbrauch aussprechen und sie mit Ausbildung und Ausdauer bekämpften sowie Betroffene mit Mitgefühl begleiten würden.
Adventisten in Bangladesch
Die adventistische NGO für „Kinderrechte und Kinderschutz“ CRP wird finanziert durch die Asian Aid Australia und ist Teil des kirchlichen Bangladesh Children’s Sponsorship Services (BCSS) unter dem Schirm der adventistischen Kirchenleitung in Bangladesch (Bangladesh Adventist Union Mission BAUM). In Bangladesch, mit 160 Millionen Einwohnern, gehören 90 Prozent dem Islam an und rund neun Prozent dem Hinduismus. Im Land leben 29.000 Mitglieder der protestantischen Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Sie unterhalten 152 Primar- und neun Sekundarschulen, ein College, eine Klinik und einen Verlag.