Um Achtung und Schutz der Menschenwürde müsse in vielen Bereichen ständig gerungen werden, schreiben die römisch-katholische, die christkatholische und die reformierten Kirchen der Schweiz zum internationalen Menschenrechtstag vom 10. Dezember. Die Menschenwürde müsse in Migrationsfragen, bei Globalisierung und Welthandel, Klimawandel und Umweltschutz oder in schwierigen Situationen am Beginn und Ende des Lebens gewahrt bleiben. „Die Würde jedes Menschen ist dabei keine Frage von Selbstbestimmung, sondern geht dieser stets voraus. Weil kein Mensch seine Würde selbst garantieren kann, gilt Würdeschutz immer der und dem Anderen. Würdeschutz betrifft alle, überall auf der Welt“, so die drei Kirchen.
Demnach wird die ethische Forderung nach Unverfügbarkeit der Menschenwürde zumeist als Störung wissenschaftlich-technologischer und ökonomischer Betriebsamkeit zurückgewiesen. Den Preis für diese Verfügungsmacht zahlten diejenigen, die Unverfügbarkeit als politische und ökonomische Ohnmacht erlebten. Ein Teil der Menschheit entscheide selbstverständlich über die Leben eines anderen Teils, die Satten über die Hungernden, die Mächtigen über die Ohnmächtigen, die Geborenen über die Ungeborenen. Und es sei möglicherweise nur noch eine Frage der Zeit, wann sich die Hochbetagten rechtfertigen müssten, um mit dem gleichen Respekt und den gleichen Rechten in unserer Gesellschaft leben zu dürfen, wie diejenigen, die ein souveränes und ökonomisch attraktives Leben führten.
Das Ende der Unverfügbarkeit ist der Anfang der Entwürdigung
„Das Diktat der Verfügbarkeit bestreitet der Würde ihren Platz in der Welt. Denn Würde verweist gerade darauf, was der menschlichen Verfügbarkeit auf immer entzogen bleiben soll“, schreiben die Kirchen. Die fixe Idee, alles machen zu wollen, „lässt den Gedanken nicht zu, etwas zu lassen, weil es so, wie es ist, gut ist“. Die Würde der Menschen und der Kreatur könne gerade nicht gemacht, sondern müsse gelassen – zugelassen – werden. Appelle an die Menschenwürde reichten nicht aus, sondern es sei ein Umdenken angesagt, mit einem entsprechenden Handeln, so die Kirchen.
„Die Würde ist kein Merkmal des Gemachten, sondern ausschliesslich des Gegebenen. Dem Geschöpflichen den Titel der Würde zuzusprechen fordert uns nicht dazu auf, es nach unseren Vorstellungen zuzurichten, sondern vor Verletzung und Missachtung zu schützen. Das Ende der Unverfügbarkeit ist der Anfang der Entwürdigung“, schreiben die drei Kirchen.
Verlautbarung zum Menschenrechtstag der christ- und römisch-katholischen sowie der reformierten Kirchen der Schweiz:
„Zwischen Machen und Lassen“ – Zur Unverfügbarkeit der menschlichen Würde.
http://www.kirchenbund.ch/sites/default/files/media/pdf/themen/menschenrechte/MR_2016/verlautbarung_2016_d.pdf
Die Landeskirchen laden zum Menschrechtstag dazu ein, die ACAT-Petition für eine angemessene medizinische Versorgung aller Häftlinge in der Schweiz, auch jener, die nicht krankenversichert sind, zu beachten.
Download der ACAT-Petition:
http://www.kirchenbund.ch/sites/default/files/media/pdf/themen/menschenrechte/MR_2016/d_petition.pdf
Adventistischer Theologe zur Menschenwürde: Menschen sind wichtiger als Objekte
Im Februar 2016 sprach Dr. Ganoune Diop, Direktor der Abteilung für Aussenbeziehungen und Religionsfreiheit (PARL) der Weltkirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten im Einleitungsreferat am UNO-„Symposium zur Rolle der Religionen und religiöser Organisationen in internationalen Angelegenheiten“ in New York/USA zur Menschenwürde im Zusammenhang mit religiös motivierter Gewalt. Extremistische Gewalt werde auch durch eine theologische Perspektive gefördert, die Ideen oder Gegenstände vor den Respekt und die Achtung anderer Menschen setze, sagte der aus Senegal stammende Philologe und Theologe. „Menschen sind wichtiger als Kathedralen, Kirchen, Moscheen oder Schreine", so Diop. Es gehe darum mit Unterschiedlichkeiten würdevoll umzugehen und sich um die „körperliche, emotionale und geistige Unversehrtheit jedes Menschen zu kümmern“. Adventisten hätten von ihrem theologischen Verständnis der Schöpfung einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Würde des Menschen zu leisten. Das Geschaffensein des Menschen im Bilde Gottes „gibt uns ein einzigartiges Verständnis der Einheit der menschlichen Familie“, so Dr. Diop.