Am 19. Oktober hat sich Pastor Stephan Sigg, Kirchenleiter der Siebenten-Tags-Adventisten in der Schweiz, in einem E-Mail an die Mitglieder des Exekutivausschusses (Vereinigungsausschuss), die Pastoren sowie die Mitarbeitenden der Deutschschweizer Kirchenleitung gewandt. Er äusserte darin seine «Enttäuschung» über die Annahme des Dokumentes [vom 14. Oktober], «Beachtung und Umsetzung von Beschlüssen der Vollversammlung und des Exekutivausschusses der Generalkonferenz». «Ich bedaure es, dass wir als Weltgemeinde damit den eingeschlagenen Weg einer Zentralisierung weiter fortgeführt und verfestigt haben», so Sigg.
Das Ergebnis der Abstimmung des Exekutivausschusses der adventistischen Weltkirchenleitung (GC-ExCOM), vom 14. Oktober, wie mit Regelverstössen von adventistischen Kirchenleitungen verfahren werden soll, die nicht in Übereinstimmung mit Beschlüssen der Weltkirchenleitung stehen, wird von Sigg mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Der Kirchenpräsident der Adventisten in der Schweiz hatte sich als Delegierter an der vorangehenden Diskussion zur Abstimmung in Battle Creek, Michigan/USA, beteiligt und vor der Zentralisierung in der Kirche gewarnt, weil sie die Mission der Kirche behindere und nicht fördere.
Ablehnender Beschluss der Deutschschweizer Kirchenleitung
Der Exekutivausschuss der Adventisten in der Deutschschweiz (Vereinigungsausschuss) hatte am 2. Oktober per Mehrheitsbeschluss entschieden, sich der ablehnenden Haltung gegenüber dem Dokument der Weltkirchenleitung, wie sie von den beiden adventistischen Kirchenleitern in Deutschland geäussert wurde, anzuschliessen. Die beiden Pastoren, Werner Dullinger (Süddeutscher Verband, Ostfildern) und Johannes Naether (Norddeutscher Verband, Hannover), warnten am 6. September vor einer «hierarchischen Kirchenstruktur», wenn das Dokument angenommen werde. Sie wiesen darauf hin, dass die Einheit der Kirche allein durch Jesus gewirkt und garantiert werde.
Viel Entscheidungskompetenz an Gemeinde vor Ort delegieren
Er habe in seinem Votum vor den GC-ExCOM-Delegierten vor der Abstimmung darauf hingewiesen, dass «bei der ersten und bisher einzigen grundlegenden Reform unserer Verfassung und Leitungsform im Jahre 1901 die Einsicht herrschte, möglichst viel an operativer und administrativer Verantwortung an die Felder zu delegieren», schreibt Sigg in seinem E-Mail. Es mache aus biblisch-neutestamentlicher und missionarischer Sicht Sinn, dass die wachsende Adventbewegung dem Wirken des Heiligen Geistes vor Ort vertraue und möglichst viel an Entscheidungskompetenz dorthin delegiere, so Sigg.
Einheit wird nicht über Zentralisierung erreicht
Aufgrund der 21 Millionen Mitglieder der adventistischen Weltkirche, mehrheitlich aus dem Globalen Süden, werde sie als Drittwelt-Kirche bezeichnet. Es stelle sich mehr als bei der letzten Strukturreform 1901 die Frage, wie «wir als multinationale und multikulturelle Weltgemeinde in Zukunft funktionieren und zusammenleben können und wollen. Wir haben uns nie im Grundsatz dazu entschieden, Einheit über den Weg der Zentralisierung zu erreichen und zu festigen.» Ein zentralistischer Ansatz werde kaum dazu dienen, «die Kohäsion innerhalb unserer Reihen zu stärken», so Pastor Sigg.
Keine Infragestellung der adventistischen Weltkirchenleitung
Der Ausgangspunkt für die Entscheidung des Exekutivausschusses der adventistischen Weltkirchenleitung (GC-ExCOM), vom 14. Oktober, sei nicht die Infragestellung der Generalkonferenz-Vollversammlung (Weltsynode) als höchste kirchliche Entscheidungsinstanz gewesen, - auch wenn dies immer wieder zu Unrecht unterstellt werde. Es gehe vielmehr um die Infragestellung einer kirchenpolitischen Entscheidung, - zur Ordination von Frauen zum Pastorendienst -, die «auf dem Boden von ideologischen Präferenzen oder kulturellen Vorstellungen» stehe, schreibt Stephan Sigg. Es sei immer wieder in der Kirche attestiert worden, dass die Frage der Frauenordination biblisch sowohl befürwortet als auch abgelehnt werden könne. Beide Seiten, so sei bestätigt worden, argumentierten biblisch. Jene Kirchenleitungen, die Pastorinnen ordiniert hätten, würden ihre Position nicht als Rebellion gegen die Weltgemeinde oder die Generalkonferenz-Vollversammlung (Weltsynode) verstehen. Diese Position stehe «vielmehr im Kontext biblischer Verantwortung, der Förderung der Mission und der Gleichbehandlung von Mann und Frau».
Beschluss leiste Polarisierung Vorschub
Er befürchte, dass mit dem Entscheid vom 14. Oktober eher die Polarisierung als die Einheit im gemeinsamen Glauben an Jesus und dem gemeinsamen Vertrauen in Gottes Wort gestärkt wurde, schreibt Sigg. Es gehe nun darum, mit Besonnenheit zu reagieren und zu schauen, wie sich die getroffenen Entscheide in der Praxis auswirkten. «Wir sind Nachfolger Jesu Christi, gerufen als Stellvertreter an seiner Statt, die gute Nachricht der Versöhnung mit Gott in die Welt zu tragen. Dies geschehe nicht durch «Kirchenregeln, sondern durch unser aktives Zeugnis und Leben im Alltag der Welt vor Ort», schreibt der Kirchenleiter.
Die Erläuterungen von Pastor Stephan Sigg im Wortlaut:
https://www.adventisten.ch/fileadmin/adventisten.ch/files/dateien_pdf/dokumente_und_stellungnahmen/01_stellungnahmen_erklaerungen/2018_181019_GC-ExCOM-Entscheid_14.10.18_Stellungnahme_S._Sigg.pdf