Mehr als 800 medizinische Fachleute, Gesundheits- und Lebensstilberater sowie adventistische Kirchenleiter aus 90 Ländern trafen sich vom 9. bis 13. Juli im südkalifornischen Loma Linda/USA zum 3. Weltkongress zu Gesundheit und Lebensstil. Der Kongress stand unter dem Motto «Dein Denken, dein Körper» («Your Brain, Your Body»), wie Adventist Review AR, nordamerikanische Kirchenzeitschrift, berichtete.
«Wir wollen die Bedeutung der Verbindung von Denken, Körper, Seele, Sozialem und Emotionalem betonen und wir wollen auch zeigen, wie der Lebensstil all das beeinflusst», sagte Dr. med. Landless, Leiter der adventistischen Gesundheitsdienste der Weltkirchenleitung am Koordinatorentreffen vor dem Kongress.
Psychische Gesundheit wurde vernachlässigt
«Die psychische Gesundheit ist enorm wichtig und muss entstigmatisiert werden», so Landless. Depressionen, eine Hauptursache für viele Erkrankungen in der Welt, sei in Vergangenheit auch von Adventisten vernachlässigt worden, weil zu wenig Wert auf ein ganzheitliches Wohlbefinden gelegt worden sei.
Menschen mit besonderen Bedürfnissen integrieren
Landless forderte auch, dass «Menschen mit Behinderungen jeglicher Art gleichbehandelt werden müssen». Die Weltkirchenleitung habe deshalb 2015 den „Dienst für Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ geschaffen.
Alzheimer – kostenlose Medizin gegen kognitiven Rückgang
«Bewegung beeinflusst die Vermehrung neuer Neuronen und erhöht die Produktion von Molekülen, die aus Neuronen stammen, die Lernen und Gedächtnis, bzw. das Erinnerungsvermögen beeinflussen», sagte der Harvard-Professor und Forscher David Williams im ersten Fachvortrag. Williams, ist kürzlich in die National Academy of Sciences gewählt worden. Alzheimer habe seit einem Jahrzehnt die höchsten Zuwachsraten aller Krankheiten. Die Daten zeigten einen Anstieg der Todesfälle aufgrund von Alzheimer zwischen 2000 und 2013 um 71 Prozent, sagte Williams.
Bewegung fördert kognitive Funktionen
Die moderne Medizin neige dazu, auf pharmakologische Unterstützung als hauptsächliche Behandlungsoption von Alzheimer zurückzugreifen, sagte Williams. Bewegung und Ernährung könnten aber ebenso helfen, den kognitiven Rückgang abzuwehren und den Gesamtzustand einer Person zu verbessern, auch wenn die Krankheit fortschreite, so der Mediziner. «Bewegung ist eine untersuchte Behandlungsoption für leichte kognitive Beeinträchtigungen (Mild Cognitive Impairment, MCI)», sagte Williams. Bewegung könne helfen, die kognitiven Funktionen einer Person zu verbessern, weil sie die Durchblutung erhöhe und den Schwund (Atrophie) des Hippocampus zu verhindern scheine, die für das episodische Gedächtnis unerlässlich sei, sagte er.
Diese Aussage basiere auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, da Bewegung mit verbesserter Aufmerksamkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit, ausführenden Funktionen und mit dem Gedächtnis verbunden sei.
«Ein Spaziergang auch im Winter»
Für Siebenten-Tags-Adventisten sei dies nichts Neues, stellte Williams fest und zitierte die Mitbegründerin der adventistischen Kirche, Ellen G. White, die vor mehr als einem Jahrhundert schrieb: «Ein Spaziergang, auch im Winter, wäre für die Gesundheit vorteilhafter als alle Medikamente, die die Ärzte verschreiben können».
«Die Dauer und Intensität der Bewegung spielt keine Rolle für den Eintritt von vorteilhaften Nutzeffekten», erläuterte Williams. «Jede Bewegung, die wir durchführen, kann dazu beitragen, unsere kognitiven Funktionen zu verbessern.»
Das gleiche gelte auch für die Ernährung, so Williams. Eine mediterrane Ernährung, die grünes Blattgemüse, Nüsse, Beeren und Vollkorn bevorzuge, trage zur Verbesserung kognitiver Funktionen bei.
Adventisten leben länger
Gary E. Frazer, der bis vor kurzem noch die zweite Forschungsstudie an 96.000 Siebenten-Tags-Adventisten im Alter zwischen 30 und 112 Jahren leitete (AHS-2), versicherte den Teilnehmern der Konferenz: „Adventisten haben weiterhin einen Langlebigkeitsvorteil“. Dies decke sich mit älteren Ergebnissen aus kalifornischen Studien, die zeigten, dass adventistische Männer 7,3 Jahre und Frauen 4,4 Jahre länger als die durchschnittliche Bevölkerung lebten. Für Adventisten, die sich vegetarisch ernährten, stiegen diese Unterschiede auf 9,5 und 6,1 Jahre an (laut einer statistischen Erhebung aus 2018 leben 19 Prozent der weltweiten Kirchenmitglieder vegetarisch).
Kalzium und Milchprodukte
Als „interessant“ bezeichnete Frazer auch die Studienergebnisse bezüglich Kalzium und Milchprodukten. Er stellte fest, dass Menschen, die mehr Kalzium konsumierten, ein viel geringeres Risiko für Darmkrebs aufwiesen. Diejenigen mit höherem Milchkonsum hätten ebenfalls ein geringeres Risiko für Darmkrebserkrankungen. Das Gegenteil sei jedoch beim Thema Prostatakrebs der Fall. Vorläufige Ergebnisse deuteten darauf hin, dass diejenigen, die mehr Milchprodukte konsumierten, ein höheres Risiko für Prostatakrebs zeigten. Auch zeigten die vorläufigen Ergebnisse, dass Konsumenten von Milchprodukten einen signifikanten Anstieg des Brustkrebsrisikos im Vergleich zu denen aufwiesen, die wenig oder gar keine Milchprodukte zu sich nähmen.
Religion und Gesundheit
Die Studien der AHS-2 zeigten auch, dass religiöse Überzeugungen und die sich daraus ergebenden Wertvorstellungen einen direkten Einfluss auf die Gesundheit hätten. Ein positiv geführtes geistliches Leben vermindere Depression und erhöhe wahrscheinlich die Widerstandsfähigkeit gegen Widrigkeiten des Lebens. Zusammengefasst sei das Fazit der Studie, dass die Anbetung eines liebenden Schöpfergottes und der Dienst an anderen von Vorteil für geistige Gesundheit und indirekt auch für körperliche Gesundheit sei.
Dienst für Menschen mit besonderen Bedürfnissen
Zum ersten Mal war auch die Abteilung „Dienste für Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ („Special Needs Ministries“) an den Weltkongress angebunden. Ein ganzer Tag im Anschluss an den Gesundheitskongress war diesem Thema gewidmet. Der Fokus liege bei dieser Arbeit darauf, die Würde des Menschen wieder herzustellen, so Larry R. Evans, Leiter der Abteilung bei der Weltkirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten. Er legte Wert auf die Tatsache: „Wir sind ein Möglichkeitsdienst und kein Behindertendienst.“ Evans differenzierte die Begriffe „Würde“ und „Respekt“: „Respekt“, so Evans, „wird durch die eigenen Handlungen verdient; aber Würde ist angeboren, unabhängig davon, ob die Person blind, taub oder körperlich oder geistig behindert ist.“