Buchrezension: „Das Gesetz des Ausgleichs“ – Warum wir besser gute Menschen sind, Johannes Huber, edition a, (1. November 2020), 368 Seiten, (2. Auflage), 14x21x3,5 cm, Gebundenes Buch 24,00 € / 31,90 CHF, Kindle 18,00 €, eBook 22,00 CHF , ISBN-13 : 978-3-99001-425-7, ISBN-10 : 3990014250.
Sind die guten Menschen besser dran? Dieser Frage widmet sich Bestsellerautor, Mediziner und Arzt Johannes Huber in seinem neusten Buch. Aufgrund theoretischer Forschung und praktischer Tätigkeit als Arzt formte sich seine Einsicht: Es zahlt sich in jeder Hinsicht aus, im Jetzt und Hier ein guter Mensch zu sein. Seine Ausführungen werden unterstützt durch neuste Forschungsergebnisse aus Naturwissenschaft und Medizin. Heraus kommt eine Ode an das innere Gleichgewicht, die zwar frei von „esoterischen Wirrwarr“ (14) ist, jedoch ohne Bezüge zur Metaphysik nicht auskommt.
Huber plädiert ganz im Sinne Erich Fromms für das Sein. Allerdings soll hier nicht auf die gelungene Work-Life-Balance als schlechtes Synonym für ein aufwandarmes Leben verwiesen werden, sondern im Gegenteil. Gutsein bedeutet Training, Übung und zuweilen auch Askese (16). Nicht nur der Körper benötige Fitness, auch die Seele müsse gebildet werden, um über sich selbst hinauszuwachsen. Dieser Gedanke sei schon in der Vergangenheit von prominenten Akteuren der deutschen Geistesgeschichte betont worden. Heute sei diese Idee in der Gesellschaft allerdings eher in Vergessenheit geraten und in die vornehmlich ökologisch angehauchte Esoterik-Ecke verbannt worden.
Wie gut ist gut?
In drei Teilen versucht Huber seine These zu belegen. Im ersten Teil nähert sich Huber dem „Gutsein in einem tiefen, evolutionären und spirituellen Sinn“ (23) und unterscheidet dies vom „Gutmensch-Sein“ als modernem Tugend-Terror, den „politisch meist linke Gruppen zu einem Dogma erhoben“ (23). Diese idealistischen Verhaltensvorgaben von unbedingtem Frieden, Toleranz und Haltung würden jedermann ein gutes Gefühl verleihen, jedoch von persönlicher Reflexion entlasten. Echtes Gutsein und Rechtschaffenheit sei kein Etikett, sondern müsse reifen und wachsen. Das Christentum konnte von je her auf spirituelle Übungen zur Charakterfitness zurückgreifen.
Huber ist überzeugt: „Wir üben uns in allem, nur nicht in uns selbst“ (33) und stellt deshalb im Weiteren einen Fünf-Punkte-Plan fürs Seelentraining vor. Der zweite Teil zeigt die Vorteile des Gutseins auf. Dazu werden Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen vorgestellt, die auf den Zusammenhang von innerer Haltung und äusserem Leben hinweisen.
Im dritten Teil widmet sich Huber als Theologe der Ethik und ihrem Ursprung. Er plädiert für eine neue Kulturtheorie, die die neuesten Forschungsergebnisse aus Biologie und Medizin berücksichtigt.
Wie sollen wir denn leben?
Unterhaltsam, mit persönlichen Anekdoten gewürzt und verständlich geschrieben nähert sich Huber den grossen Fragen des Lebens. Offen und gut recherchiert werden neueste Forschungsergebnisse für den Laien verständlich gemacht. Allerdings ist der konservative Standpunkt des Autors deutlich zu erkennen, wenn etwa für die Ausschliesslichkeit der traditionellen Familie als Lebensmodell eingestanden wird und ihre Demontage von den modernen Medien als „Masterplan zur Kontrolle der Massen“ (113) gebrandmarkt wird.
Das Buch kommt ohne neunmal kluge Aussagen aus, bleibt locker und positiv in Ton und Inhalt. Allein der Epilog wirkt etwas störend, da er wohl mehr österreichische Lebensart widerspiegelt und dabei die gebotene Nüchternheit vermissen lässt.
Leser und Leserinnen werden eingeladen das eigene Leben zu reflektieren und nachhaltige Veränderungen zu initiieren. Darüber hinaus regt die Lektüre zum weiteren Nachdenken darüber an, wie Leben funktioniert und welche Grundlagen wir unserer Gesellschaftsordnung geben wollen. Zum Abschluss bekommt das Buch eine transzendente Note, denn das Gesetz des Ausgleichs reiche weit über das irdische Mass hinaus (264) und Glaube sei ein Geschenk (271). So bleibt der Wunsch: Wenn Gutsein infektiös wäre, dann wären wir in absehbarer Zeit viele unserer Probleme los.
Claudia Mohr
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