Das Thema Rassenbeziehungen und kulturelles Verständnis wurde in mehreren Präsentationen während des adventistischen Global Campmeetings (19. Bis 23. Mai) auf «eindringliche Weise angesprochen», schreibt EUD News über die Veranstaltung der Weltkirchenleitung. Demnach hofften die Leitenden dieser mehrtägigen internationalen Onlinekonferenz, dass die Auseinandersetzung mit diesem komplexen Thema die Kirchenmitglieder ermutigen werde, offene und ehrliche Gespräche über Lösungen für vorhandene Vorurteile und Diskriminierung zu führen.
Das Bild von der „ausgetrockneten Seele“
Zu den Rednern gehörten auch Dr. Barry Black, Kaplan des US-Senats, der über den Abbau von Barrieren im persönlichen Dienst sprach. Ebenso Dr. Ella Simmons, Vizepräsidentin der Kirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten und Rechtsanwältin Jennifer Woods, assoziierte Juristin am Verwaltungssitz der Freikirche in Silver Spring, Maryland/USA. Sie diskutierten die Geschichte des Rassismus aus sozialer und biblischer Sicht.
Black, dessen Grossvater nach dem Bürgerkrieg als Landarbeiter (Sharecropper) seinen Unterhalt verdiente, begann mit der Geschichte seiner Mutter, die er als „dehydrierte Seele“ bezeichnete. Sie habe nur die vierte Klasse erreicht. Sie sei durch ein evangelistisches Flugblatt auf Veranstaltungen aufmerksam geworden. zwölf Wochen lang besuchte sie aus Neugier die Abende. Die Botschaften füllten sie mit „Wasser - dem lebendigen Wasser“, weil ein Botschafter für Christus aus seiner Komfortzone herausgetreten sei.
Weiter meinte Black: „Wir wären viel effektiver in unserer Kirchenarbeit, wenn wir uns um Menschen kümmern würden, als theologische Dinge zu zitieren. Die Leute interessiert es nicht, wie viel man weiss, bis sie wissen, wie wichtig sie einem sind."
Am Ende seiner Ausführungen präsentierte er die Idee eines Senatskollegen. Um Barrieren abzubauen und Gemeinschaft zwischen Kollegen zu schaffen, beschlossen sie, jede Woche nach dem Kirchgang jemanden nach Hause einzuladen, der nicht wie sie aussah. Black forderte die Zuhörer auf, in den kommenden Tagen „sich bewusst zu bemühen, Barrieren abzubauen. Laden Sie jemanden, der nicht so aussieht wie Sie, zum Essen nach Hause ein."
Rassismus findet nicht isoliert statt
Woods und Simmons untersuchten im weiteren Verlauf der Diskussion den Rassismus aus einer globalen Perspektive und die Auswirkungen, die er auf die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten habe.
Simmons, die während der Bürgerrechtsbewegung in den 1950er und 60er Jahren im Süden der USA aufgewachsen ist, berichtete ihre persönlichen Erfahrungen mit Rassismus. Obwohl es in letzter Zeit bedeutende Fortschritte gegeben habe, sei die Diskriminierung „in den Vereinigten Staaten und in der ganzen Welt in ihren vielen Formen nicht verschwunden, sondern hat neue Dimensionen, Bezeichnungen und Codes angenommen", sagte sie.
Simmons verwies auf eine Reihe von Abteilungsleitern und Abrteilungsleiterinnen der adventistischen Weltkirchenleitung, die über persönliche Erfahrungen mit Rassenprofilen, Vorurteilen und Diskriminierung in ihren Heimatgebieten wie Afrika, Asien, Australien und Europa berichtet hätten. Es sei klar, dass rassistische Ungerechtigkeit jeden Teil des Planeten berühre.
Dem Beispiel Jesu folgen
Woods untersuchte die biblischen Berichte und verfolgte die Ursprünge von Voreingenommenheit und Rassismus durch die gesamte biblische Geschichte bis hin zur frühen Kirche. Um Petrus zu helfen, das tief sitzende Vorurteil gegenüber Heiden bzw. Heidenchristen zu überwinden, das ihm von Geburt an eingeimpft wurde, habe Gott ihm die Vision von einem himmlischen Laken gegeben, das mit unreinen Tieren gefüllt war. Durch die Vision habe Gott versucht, Petrus zu lehren, dass in den Augen des Himmels alle gleich seien - es gebe keine Vorzugsbehandlung für Mann oder Frau, Jude oder Nichtjude. Petrus habe die Botschaft verstanden.
Adventisten haben helle und dunkle Seiten bezüglich Rassismus
Die frühen adventistischen Pioniere seien Abolitionisten gewesen - das heisst, sie waren für die Abschaffung der Sklaverei. Im Laufe der Zeit hätten die Adventisten jedoch zugelassen, dass die gesellschaftlichen Normen des Rassismus, der Voreingenommenheit und der Vorurteile „die Kirche infizierten“, so Woods. Die Freikirche in den Vereinigten Staaten hätte die kulturellen Praktiken der damaligen Zeit, wie getrennte Gottesdiensträume für Schwarze und Weisse und den Ausschluss von Schwarzen von Führungspositionen in bestimmten Institutionen übernommen.
Jesus bewegte sich jenseits der durch die Religion definierten Verhaltensparameter
Diese Praxis sei gegen alles gewesen, wofür Jesus stand, als er auf der Erde war. „Jesus widersetzte sich der sozialen Ordnung seiner Zeit“, sagte Simmons. „Er bewegte sich jenseits der durch Religiosität definierten Verhaltensparameter. Er riss vorurteilsbehaftete Mauern nieder, die die Art des Miteinanders vorschrieben und er sprach die Sünden des Rassismus in seinen vielen Formen direkt an.“ Ein Beispiel sei die Begegnung mit der samaritanischen Frau bei der er Barrieren überwunden und ein Beispiel gegeben habe, dem Christen folgen sollten.
Ein schwieriges Thema
Diskussionen über Rassismus und Vorurteile könnten schwierig sein. Viele Menschen glaubten nicht, dass sie voreingenommen sind, aber sie hielten vielleicht an Vorurteilen fest oder an Einstellungen, denen sie unbewusst erlaubten, Entscheidungen zu beeinflussen. Woods und Simmons verwiesen dabei auf eine Stellungnahme der Freikirche, die im September 2020 veröffentlicht wurde. Darin werden einige praktische Schritte beschrieben, um „diejenigen zu unterstützen und zu fördern, die aufgrund ihrer Hautfarbe, Kaste, ihres Stammes oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit an den Rand gedrängt und misshandelt werden.“
Vom Erbe der 'biblischen' Bigotterie abgrenzen
Simmons schloss ihre Ausführungen mit den Worten: „Wir, die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, müssen alles in unserer Macht tun, um uns und die Kirche vom Erbe der 'biblischen' Bigotterie abzugrenzen; von der tief verwurzelten Geschichte des Rassismus und der Trennung, die der Welt vom Christentum und anderen Weltreligionen auferlegt wurden.“ Dies sei deshalb gemacht worden, um Rassisten in ihrem Bemühen zu beruhigen, Illusionen von rassischer oder ethnischer Vorherrschaft, sozialer Kontrolle und wirtschaftlichem Vorteil gegenüber anderen Menschen aufrechtzuerhalten.
Zur erwähnten Erklärung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten „Eine Menschheit“:
https://www.adventisten.de/fileadmin/adventisten.de/files/downloads/Dokumente_und_Stellungnahmen__%C3%B6ffentlich_/GK_2020-09-15_Stellungnahme_Eine_Menscheit-deutsch.pdf