"Wir haben fünfundfünfzig Kirchen, die wegen der Zunahme von Banden, die verschiedene Kommunen und Regionen in ihre Gewalt gebracht haben, geschlossen wurden, und die Zahl steigt täglich", sagte Pierre Caporal, adventistischer Kirchenleiter in Haiti. „Mehr als 2.000 adventistische Familien wurden vertrieben, darunter 18 Pastorenfamilien sowie weitere kirchliche Mitarbeitende, erklärte er anlässlich einer Sitzung des Exekutivausschusses der teilkontinentalen Kirchenleitung (IAD) in Miami, Florida/USA. Die Häuser von 305 adventistischen Familien seien von den Banden niedergebrannt worden, "was bedeutet, dass sie ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben", so Caporal weiter.
Beschwerliches und gefährliches Reisen durch Bandengebiete
"Was Sie in den Nachrichten über Haiti gehört haben, ist alles wahr. Es ist das, was wir erleben und was sich auf die Kirche als Ganzes auswirkt", so Caporal. Um an die Sitzung nach Miami zu gelangen, musste Caporal von seinem Wohnort im westlichen Teil von Port-au-Prince, Hauptstadt von Haiti, öffentliche Verkehrsmittel nehmen. Er sei vier Stunden lang in einem Bus in unauffälligen Alltagskleidern durch von Banden kontrollierte Gebiete gefahren, dann weiter nach Les Cayes im Südwesten der Insel. Dort habe er eine Nacht geschlafen und am nächsten Tag konnte er vom Flughafen Les Cayes mit einem kleinen Flugzeug nach Cap-Haitien im Norden der Insel abheben, um den einzigen verfügbaren Flug in die Vereinigten Staaten zu erreichen. Es habe zwei Tage gedauert, bis er in Miami angekommen sei.
Bandenkriminalität schränkt kirchliches Leben massiv ein
"In einigen Kirchen können sich die Gläubigen nicht persönlich treffen, aber sie versuchen, anderen Kirchen online zu folgen oder den Gottesdienst über „Radio Voix de l'Espérance“ (Stimme der Hoffnung) zu verfolgen", sagte er. „Voix de l'Espérance“ ist der Radiosender, der von der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten im ganzen Land betrieben wird.
In Port-au-Prince und im nordwestlichen Teil des Landes funktionierten die Kirchen mit 40 bis 60 Prozent der Mitglieder, berichtete Caporal. Einige Kirchgemeinden würden sich in Zelten oder angemieteten Räumen treffen. Die meisten Gemeinden versammelten sich am Samstagnachmittag zum Gottesdienst, weil es nicht sicher ist, sich auch abends zu treffen, sagte er.
Adventistische Universität einen Monat von Bandenmitgliedern besetzt
Die Adventistische Universität von Haiti in Carrefour, im Südwesten der Hauptstadt, wurde Anfang des Jahres von bewaffneten Bandenmitgliedern besetzt und war fast einen Monat lang geschlossen. Die Leiter seien besorgt, dass es jeden Tag zu einer Invasion kommen könnte, aber "wir beten dafür, dass Gott sein Volk in Haiti weiterhin beschützt", sagte Caporal. Er rief die Mitglieder des Exekutivausschusses dazu auf, weiterhin für die Menschen in Haiti zu beten, während den Kirchenmitgliedern dabei geholfen werde, in ihre Provinzen zurückzukehren und die eskalierende Gewalt zu überleben.
Finanzhilfe
Der Finanzausschuss der IAD-Kirchenleitung beschloss laut „Adventist Review“, Kirchenzeitschrift der Weltkirchenleitung, eine Finanzhilfe für Haiti bereitzustellen, welche auf die fünf kirchlichen Veraltungsbereiche der Adventisten in Haiti aufgeteilt werden soll, um die humanitären Bedürfnisse der Kirchenmitglieder und der Pastorenfamilien in Haiti zu decken.
Adventisten in Haiti
In Haiti mit einer Bevölkerung von 11,58 Millionen Menschen leben 494.000 adventistische Christen und Christinnen (Statistische Angaben von 2022). Sie feiern jeweils am Samstag, dem biblischen Ruhetag, den Gottesdienst in 665 Kirchgemeinden und 557 Gruppen. Die adventistische Kirche in Haiti unterhält eine Universität, eine Sekundarschule, ein Krankenhaus, Radio- und Fernsehstationen, einen Betrieb der Verpackungsindustrie sowie das Hilfswerk ADRA Haiti.