Tätigkeiten von Freikirchen: Kinder- Jugend- und Seniorenarbeit, Krankenbesuche etc. © Foto: Dachverband Freikirchen.ch

Freikirchen erfreut: Bundesrat überprüft Spendenabzugsfähigkeit

Pfäffikon, ZH/Schweiz | 01.10.2024 | APD | Religion + Staat

Der Nationalrat hat am 29. September das Postulat «Abzugsfähigkeit von Spenden an Vereine mit gemischten Zwecken» angenommen. Der Bundesrat wird damit beauftragt, die verschiedenen Handhabungen der Spendenabzugsfähigkeit zu untersuchen.

Das Postulat wurde von Marc Jost (NR BE), der Mitglied der Evangelischen Volkspartei (EVP) ist, eingebracht. Als zuständige Behörde muss das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) eine entsprechende Vorlage ausarbeiten. Die Freikirchen erhoffen sich laut dem Dachverband Freikirchen.ch eine Klärung von «Kultus» und «gemeinnützig.

Seelsorge, Kinderwochen, Sommerlager, Eheberatung, Seniorenarbeit
Freikirchen bieten eine breite Palette von gemeinnützigen Tätigkeiten an: Sie gehen von Seelsorge und Besuchsdienst über Kinderwoche und Sommerlager bis hin zu Angeboten für Ehe und Familie und der Seniorenarbeit. Der christliche Glaube und die Nächstenliebe sind dabei selbstverständliche Motivationsfaktoren für diese Angebote.

Im Kanton Bern sagen die Steuerbehörden dazu: «Wenn eine Tätigkeit (auch) die Pflege und Förderung bzw. Stärkung des Glaubens zum Ziel hat, ist sie klar religiös ausgerichtet und dient nicht mehr ausschliesslich dem Allgemeininteresse. Ist eine Trennung von diesen kultischen Aspekten nicht möglich oder nicht gewünscht, gilt die entsprechende Tätigkeit als kultisch.» Das zeigt, dass es für Spenderinnen und Spender in der Schweiz zunehmend schwieriger, ihre Zuwendungen an Vereine mit gemischten Zwecken von den Steuern abzuziehen. Spenden an Landeskirchen können problemlos von den Einkommenssteuern abgezogen werden.

Ungleichbehandlung diskriminierend?
Diese Benachteiligung widerspricht der Gleichbehandlung und ist eine Benachteiligung der nicht anerkannten Religionsgemeinschaften, schreibt der Dachverband in einer Medienmitteilung. Im Kanton Bern ist die Situation mit dem Landeskirchengesetz eine noch stärkere Ungleichbehandlung. In einer Begleitgruppe eines Departementes des Kanton Berns wird diskutiert, ob es nicht sogar dem Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung widerspricht. Sie ist dem kantonalen Gesetz übergeordnet. Eine Bevorzugung von einzelnen Glaubensgemeinschaften allein aufgrund ihrer Konfession ist problematisch. Das ist im Kanton Bern und im Kanton Zürich gegeben, wo die Landeskirchen eine eigene Gesetzgebung haben.

Kultus oder gemeinnützig?
Das Postulat hat für die Freikirchen in der Schweiz grosse Bedeutung: «Aus unserer Sicht müsste die Grundsatzfrage geklärt werden, was Ausschliesslichkeit bei der Gemeinnützigkeit bedeutet und warum eine religiöse Haltung und die Äusserung dieser Haltung automatisch dazu führt, dass eine Tätigkeit kultisch ist», erklärt Peter Schneeberger, Präsident des Dachverbands Freikirchen.ch, und weiter: «Wenn jemand eine politische oder auch freidenkerische Äusserung bei einer Tätigkeit vertritt, dann ist das nicht kultisch. Diese Praxis führt zu einer Benachteiligung der kultischen Tätigkeiten und stimmt nicht mehr überein, dass Weltanschauungen gleichbedeutend behandelt werden. Eine Tätigkeit, die dem Allgemeininteressen dient, verliert ihren gemeinnützigen Zweck nicht schon deswegen, weil sie aufgrund einer religiösen Überzeugung ausgeübt wird.»

«Motivation dahinter kann und darf unterschiedlich sein»
Entgegen der Auffassung der Steuerverwaltung Kantons Bern macht die Einbindung von Glaubensfragen, das Sprechen eines Gebets oder das Singen eines Liedes mit christlichem Inhalt aus einem Seniorenbesuch noch keinen Gottesdienst. Dem pflichtet auch der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr bei. So sagte er, als die die Sicherheitsdirektion an drei Organisationen insgesamt 150.000 Franken ausrichtete, um Frauen zu unterstützen, aus der Prostitution auszusteigen: «Für mich spielt es keine Rolle, ob einzelne Organisationen einen christlichen Hintergrund haben oder nicht. Entscheidend ist, dass sie Frauen dabei helfen wollen, ein selbstständiges Leben zu führen. Dieser Ansatz soll stets gegeben sein, die Motivation dahinter kann und darf unterschiedlich sein.»

Zum Wortlaut des Postulats von Marc Jost:
www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20243708

Freikirchen Schweiz
Freikirchen.ch ist der Dachverband der Freikirchen und christlicher Gemeinschaften in der Schweiz. Er ist gemäss Selbstdarstellung ein nationaler Kirchenverband mit 20 freikirchlichen Bewegungen aus der Deutschschweiz, zu denen über 750 örtliche Kirchen mit ihren diakonischen Werken gehören. Zusammen mit dem Réseau évangélique suisse (RES) vertreten die Freikirchen in der Schweiz rund 1.000 Kirchen. Neben der Schweizer Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche Schweiz versteht sich der Dachverband Freikirchen.ch als dritte Kraft der christlichen Kirchen in der Schweiz und als Sprachrohr für die gemeinsamen Anliegen der Freikirchen.
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