Die Adventistische Entwicklungs- und Katastrophenhilfe e.V. (ADRA Deutschland) hat jetzt zusammen mit anderen internationalen verschiedenen Hilfswerken, darunter Caritas international und Catholic Relief Service (CRS), die Genehmigung der indischen Regierung erhalten, Hilfsmassnahmen auch auf der Inselgruppe der Nikobaren durchzuführen.
ADRA Deutschland hat 200'000 Euro aus den Mitteln von "Aktion Deutschland hilft" für Hilfsprojekte auf den Inselgruppen im Golf von Bengalen bereitgestellt. "Wir wollen auf die Bedürfnisse der Menschen auf diesen abgelegenen Inseln eingehen und ihnen beim Wiederaufbau behilflich sein", erklärte Erich Lischek, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied von ADRA Deutschland.
Die strategisch wichtigen Inseln werden von der indischen Armee und Luftwaffe als Basis genutzt und gelten als Sperrgebiet. Mehr als die Hälfte der Inseln sind ausserdem als Reservat gesetzlich geschützt. Ausländern war bis heute der Zugang zu den meisten der Inseln verwehrt, sie konnten nur in Ausnahmefällen mit besonderer Erlaubnis die Inseln betreten. Auch die Kontaktaufnahme zu den vom Aussterben bedrohten Ureinwohnern war gesetzlich verboten.
In den ersten Januarwochen hat die indische Regierung zunächst ausländische Hilfe für die Inseln der Nikobaren abgelehnt und Hilfsorganisationen den Zutritt verwehrt. Die Behörden hatten vorerst nur die Hilfe lokaler Nichtregierungsorganisationen - wie Caritas Indien und ADRA Indien für die Andamanen, nicht aber für die Nikobaren zugelassen.
Deshalb konnte ADRA Indien bereits unmittelbar nach der Flutkatastrophe erste Hilfsgüter auf die Andamanen bringen. Inzwischen konnte dort die Arbeit mit 2'000 Kindern aufgenommen werden. Mit kindergerechten Spielen und Unterrichtsmaterialien wird auf die Bedürfnis der Kinder eingegangen, damit diese ihre traumatischen Erlebnisse besser verarbeiten können. Die Kinder lernen auf spielerische Weise die wichtigsten hygienischen Grundsätze, um dem Ausbruch von Infektionskrankheiten vorzubeugen. Zurzeit werden von ADRA in Port Blair auf den Andamanen weitere Rehabilitationsprogramme vorbereitet.
Der indische Premierminister Manmohan Singh besuchte am 8. Januar zum ersten Mal nach der Flutwelle die Andamanen und Nikobaren und sagte dabei ein Hilfspaket der Regierung von knapp 45 Millionen US-Dollar für die Region zu. Er nahm auch Stellung zum Vorwurf verschiedener Nichtregierungsorganisationen, die anfängliche Ablehnung ausländischer Soforthilfe durch die Regierung hätte zu erheblichen Verspätungen bei der Verteilung von Hilfsgütern für die Menschen auf den Andamanen und Nikobaren geführt. "Ich denke, unser unmittelbarstes Bedürfnis war, den Menschen zu helfen. Deshalb dachte ich, dass unsere zivilen und militärischen Stellen diejenigen waren, die am besten für diese Hilfe ausgerüstet waren", erklärte Premierminister Singh und kündigte an, dass diese Phase nun vorbei sei. Bei langfristigen Wiederaufbauarbeiten, werde man auch ausländische Hilfe annehmen.
Die Nikobaren sind zusammen mit den Andamanen eine Inselgruppe im Golf von Bengalen mit einer Fläche von insgesamt 1841 km² und etwa 42.000 Einwohnern. Nur 12 der 22 Inseln sind von hauptsächlich einheimischer Bevölkerung verschiedenster Stämme und Glaubensrichtungen bewohnt. Die Geographie hat sich nach dem Tsunami am 26. Dezember durch die Wucht der Erschütterung völlig verändert, einige Inseln wurden verschoben, angehoben oder sind wie die Insel Trinkat in zwei Teile gebrochen.
Bereits im neunten Jahrhundert wurden die Inselgruppen von arabischen Kaufleuten angesteuert. Im Zeitalter des Kolonialismus gehörten Teile von ihr sogar einmal zur österreichischen Kolonie auf den Nikobaren (1778 bis 1783), und auch die dänischen Ostindienfahrer hissten hier ihre Flaggen. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts dann, als England Indien erobert hatte, wurden auch die Andamanen und Nikobaren Teil des britischen Weltreichs. Im Zweiten Weltkrieg hielten die Japaner die Inseln zeitweilig besetzt. Mit der Unabhängigkeit Indiens 1947 wurden sie indisches Bundesterritorium.