Vor 450 Jahren wurde mit dem Augsburger Religionsfrieden der Grundstein für einen friedlichen Umgang der Konfessionen in Deutschland gelegt.
Nach den heillosen Auseinandersetzungen im Gefolge der Reformation Martin Luthers, nach den endlosen Religionskriegen, die das Deutsche Reich verheert hatten, war bei allen Seiten der Wunsch nach einem dauerhaften Friedensschluss gewachsen. Den Weg frei für eine Aussöhnung der Religionen hatte Kaiser Karl V. gemacht, der sich in seiner langen Amtszeit als kämpferischer Anhänger des "alten Glaubens", der römisch-katholischen Kirche, hervor getan hatte.
Auf dem "Reichstag", einer Art Parlament der Fürsten, Stände und Reichsstädte, wurde 1555 in Augsburg die leidige Religionsfrage entschieden. Im Gegensatz zu früheren Reichstagen, bei denen die Herrscher-Gestalten mit grossem Pomp und Gefolge auftraten, lief diese Versammlung eher schlicht ab. Weil es von vornherein auch um die Annahme der 1530 ebenfalls in Augsburg beschlossenen "Confessio Augustana" ging, schickten viele katholische Fürsten nur Stellvertreter nach Augsburg. Nach einem zähen Ringen beschloss der Reichstag am 25. September 1555 den "Augsburger Reichs- und Religionsfrieden", der den Protestanten erstmalig Religionsfreiheit gewährte. Kernpunkte dieses Kompromiss-Papiers waren ein allgemeiner "Landfrieden" ("dass niemand, welcher Würde, Standes oder Wesens er auch sei, den anderen befehden, bekriegen, fangen, überziehen, belagern soll") und die Anerkennung des evangelischen Glaubens ("diese Religion ruhig und friedlich belassen"). Ausserdem wurde die Geistliche Gerichtsbarkeit ("Ketzerrecht") gegenüber den Evangelischen abgeschafft.
Dieses Vertragswerk von 1555 regelte zum ersten Mal dauerhaft das gleichberechtigte konfessionelle Zusammenleben beider christlicher Glaubensgemeinschaften, ohne die umstrittene Frage nach dem «wahren Glauben» zu entscheiden. "Nicht Theologen haben damals eine Lösung gefunden, sondern Politiker war es gelungen, ein eigentlich unlösbares Problem zu regeln, eine unwahrscheinliche Leistung", so bewertet der Augsburger Historiker Professor Johannes Burkhardt das Zustandekommen des Augsburger Religionsfrieden.
"Es war das erste Mal, dass für eine weltanschauliche Unstimmigkeit eine politisch-rechtliche Lösung ohne Gewaltanwendung gefunden wurde." Burkhardt: "Viele Historiker sehen darin heute die erste Deklaration eines Menschenrechts."
Auch nach dem viele Jahrhunderte beispielhaften Religionsfrieden blieb Augsburg ein Brennpunkt für die Annäherung der Kirchen. Im Jahre 1999 wurde in der evangelischen St. Anna-Kirche, die auch die katholische Grablege der Fugger beherbergt, die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" unterzeichnet. Mit dieser Erklärung schlossen Lutheraner und römische Katholiken alte theologische Gräben aus der Reformationszeit. Die Gemeinsame Erklärung und die über sie geführte Diskussion haben die biblische Botschaft, dass der Sünder allein durch Gottes Gnade gerechtfertigt wird und dass er seine Rechtfertigung allein im Glauben empfängt, in einem erfreulichen Mass sowohl in den Kirchen wie in der Öffentlichkeit neu ins Gespräch gebracht.