Papst Benedikt empfing irakischen Präsidenten Talabani

Rom/Italien | 10.11.2005 | APD | Religion + Staat

Der irakische Staatspräsident Daschalal Talabani ist am 10. November im Vatikan von Papst Benedikt XVI. in Privataudienz empfangen worden. Bei der 20-minütigen Unterredung im Apostolischen Palast stand die aktuelle Situation im Mittleren Osten im Mittelpunkt wie etwa der Exodus der Christen aus dem Irak.

Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche hat in dem Gespräch seine Sorge um die Religionsfreiheit im Irak zum Ausdruck gebrachte. Der Vatikan fürchtet, die neue irakische Verfassung und ihre Anlehnung an das islamische Rechtssystem könnten zu einer Unterdrückung religiöser Minderheiten führen. Benedikts Vorgänger Papst Johannes Paul II. gehörte zu den entschiedensten Gegnern des Irak-Kriegs.

Nach der Unterredung erklärte Talabani gemäss einem Bericht der Nachrichtenagentur "AsiaNews", dass er den Heiligen Vater über die Situation im Irak in Kenntnis gesetzt und mit ihm über die Wahlen und die Verfassung gesprochen habe: "Er sagte mir, dass die Verfassung seiner Ansicht nach ein Fortschritt und etwas Gutes sei. Ausserdem erklärte er, dass er das Geschehen im Irak mitverfolge und für die Iraker bete. Ich versicherte ihm, dass den Christen die volle Freiheit garantiert werde." Das Gespräch sei "überaus herzlich" verlauf, fügte das irakische Staatsoberhaupt hinzu. Er sei "sehr dankbar" für das Gespräch mit dem Papst.

Im Irak lebten vor dem Krieg annähernd eine Million Christen. Die zahlenmässig stärkste christliche Kirche im Irak sind die mit Rom unierten Chaldäer. Ihr Oberhaupt ist der in Bagdad residierende Patriarch von Babylon, Emmanuel III. Delly.

Unter dem laizistischen Baath-Regime Saddam Husseins genossen die Christen einen gewissen Schutz. Inzwischen sollen im Lande nur noch etwa 700.000 Christen leben. Viele Christen sind ausgewandert, weil sich ihre Sicherheitslage seit 2003 dramatisch verschlechtert hat. Es wurden Kirchengebäude in Bagdad, Mossul und anderen Orten niedergebrannt oder durch Bombenexplosionen beschädigt und viele Christen getötet.

Die christlichen Kirchen im Irak - Chaldäer, Syrer, Armenier, Lateiner, Assyrer und Orthodoxe - hatten sich ohne Erfolg versucht, die Verankerung des islamischen Rechts, der Scharia, in der neuen irakischen Verfassung zu verhindern. Derzeit gibt es im Irak drei adventistische Gemeinden, von denen die in Bagdad mit etwa 200 Mitgliedern die grösste ist. Seit 1959 ist die protestantische Freikirche im Land staatlich anerkannt.

(2449 Zeichen)
© Nachrichtenagentur APD Basel (Schweiz) und Ostfildern (Deutschland). Kostenlose Textnutzung nur unter der Bedingung der eindeutigen Quellenangabe "APD". Das © Copyright an den Agenturtexten verbleibt auch nach ihrer Veröffentlichung bei der Nachrichtenagentur APD. APD® ist die rechtlich geschützte Abkürzung des Adventistischen Pressedienstes.