Juden, Christen und Muslime in der Schweiz haben einen "Rat der Religionen" gegründet. Der Rat soll den Dialog fördern und sich als Ansprechpartner für den Staat in den Fachbereichen Religion und Ethik anbieten.
Vertreter des Judentums, der drei christlichen Landeskirchen und des Islams unterzeichneten am 15. Mai (Montag) in Bern ein gemeinsam verfasstes Mandat. Zwei wichtige Aspekte hätten zur Gründung eines Religionsrates geführt: Die Veränderung der religiösen Landkarte der Schweiz in den letzten Jahrzehnten sowie die Funktion von Kirchen und Religionsgemeinschaften in Gesellschaft und Staat, schreiben die Initiatoren in einer Medienmitteilung. Gerade Christen, Muslime und Juden trügen eine besondere Verantwortung für den religiösen Frieden im Lande. Mit der Gründung des "Swiss Council of Religions" (SRC) wollen die Religionsvertreter dieser Verantwortung gerecht werden.
Der neu geschaffene Rat ersetze jedoch in keiner Weise die vielfältigen interreligiösen Dialoge, in welchen die beteiligten Kirchen und Religionsgemeinschaften seit längerer Zeit engagiert seien.
Regelmässiger Gedankenaustausch
Der SRC wird als "Novum" für die Schweiz bezeichnet. Von ihren Gremien gewählte und beauftragte Personen aus den Leitungen der Landeskirchen und den anderen Religionsgemeinschaften werden sich regelmässig zum Austausch über aktuelle Themen treffen. Als Initiator des Rats ist Thomas Wipf, Präsident des Rates der Schweizerischen Evangelischen Kirchen (SEK), zum Vorsitzenden bestimmt worden. Als Sekretär des neuen Rates amtiert Pfarrer Markus Sahli. Die Idee zur Gründung einer solchen Dialogplattform entstand anlässlich der ersten interreligiösen Friedensfeier im Berner Münster am Vorabend des Irak-Krieges vor mehr als drei Jahren.
Zwar äusserte die (römisch-katholische) Schweizer Bischofskonferenz bereits im Dezember 2004 den Wunsch, dass sich auch die in der Schweiz vertretenen und zahlenmässig wichtigen orthodoxen Kirchen am Religionsrat beteiligen sollten. Eine Einbindung der Orthodoxen ist offensichtlich bisher noch nicht gelungen.
Mittelfristig soll eine Öffnung des Gremiums gegenüber weiteren Religionsgruppen wie den Buddhisten, den Hindus oder den Sikhs ein Thema sein. Schon heute kann der Rat weitere leitende Persönlichkeiten von darin nicht vertretenen Kirchen und Religionen zu seinen Sitzungen einladen. Das neue Gremium wolle in erster Linie "religionspolitische Arbeit" leisten, so Präsident Wipf.
Auch der Einbezug von Freikirchen sei denkbar, so fern diese meist evangelikal ausgerichteten Glaubensgemeinschaften auf Grund ihrer Glaubensüberzeugungen über die Bereitschaft verfügten, sich am interreligiösen Dialog zu beteiligen.
Gemeinsames Forum auch in Österreich geplant
Auch im Nachbarland Österreich soll im Auftrag des Vorstands des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRKÖ) ein Dialogforum mit Juden und Muslimen aufgebaut werden, das von allen beteiligten Religionsgemeinschaften anlassbezogen einberufen werden könnte.
Nationale Religions-Plattformen sind nicht neu
Die zunehmende religiöse Vielfalt hat auch in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten zur Bildung von nationalen Räten geführt, die sich gegenüber dem Staat als Interreligiöse Ansprechpartner etabliert haben. So bestehen in Bosnien-Herzegovina, Russland, Israel, und vor allem in den afrikanischen Staaten (Guinea, Kenia, Liberia, Mozambik, Nigeria, Sierra Leone und Uganda) so genannte "Interreligious Councils" (Räte der Religionen).