In einer Entschliessung lehnte die Parlamentarier-Versammlung des Europarats Einschränkungen der Pressefreiheit aus Rücksicht auf die "wachsende Sensibilität gewisser religiöser Gruppen" strikt ab.
Die Pressefreiheit müsse nicht nur für "harmlose" Ideen gesichert sein, sondern auch für solche, die Teile der Bevölkerung "schockieren, verletzen oder verstören" können, stellte die Versammlung nach einer Meldung der Agentur AFP am 28. Juni unter Hinweis auf die jüngste Kontroverse über Mohammed-Karikaturen klar. Zuvor hatte der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan davor gewarnt, religiöse Gefühle zu verletzen.
"Höherer Grad" an Meinungsfreiheit
Debatten, Satire, Humor und Kunst müsse sogar ein "höherer Grad" an Meinungsfreiheit zugestanden werden, forderten die Abgeordneten aus den 46 Europaratsländern in einer Entschliessung. Dabei dürfe Übertreibung nicht als "Provokation" verstanden werden. Erdogan forderte hingegen einen "verantwortungsbewussten" Umgang mit der Pressefreiheit. "Es gibt keine Freiheit ohne Grenzen", betonte der Politiker der islamischen AKP-Partei. Meinungsfreiheit sei nicht die Freiheit, andere zu "beleidigen". Wer die religiösen Gefühle anderer verletze, schüre Hass und ermutige den Terrorismus.
Kein Sonderstatus
In der Parlamentarier-Versammlung forderten vor allem Abgeordnete der Fraktion der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), darunter mehrere Türken, Grenzen für die Pressefreiheit. Sie müssten da gezogen werden, wo religiöse Gefühle verletzt werden könnten. Vertreter der Linken und Liberalen lehnten dies ab. Keiner religiösen Gruppe dürfe hinsichtlich der Pressefreiheit ein "Sonderstatus" eingeräumt werden, sagte die dänische Liberale Hanne Severinsen. Wer dies zulasse, werde eine "Gesellschaft der Angst und der Selbstzensur" schaffen. Schliesslich stelle sich auch die Frage, wer die geforderten Grenzen ziehen solle.