2.000 Christen beraten über Rolle der Kirchen, europäische Einheit und Umweltschutz
Vom 4. bis 9. September versammeln sich in Sibiu/Hermannstadt (Rumänien) mehr als 2.000 Christen aus ganz Europa, um über Themen, wie die europäische Einheit, die Rolle der Kirchen und ihr Verhältnis zueinander, christliche Spiritualität und den Klimawandel, zu beraten. Unter dem Motto "Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa" laden die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der römisch-katholische Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) zur 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung (EÖV3) ein.
Am 5. September wird der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, einen Hauptvortrag zum Thema "Das Licht Christi und die Kirche" halten. Weitere Referenten zu diesem Thema sind Walter Kardinal Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, und Metropolit Kyrill von Smolensk und Kaliningrad, Leiter des Aussenamtes der Russischen Orthodoxen Kirche.
Insgesamt neun Themenbereiche (Einheit, Spiritualität, Zeugnis, Europa, Religionen, Migration, Schöpfung, Gerechtigkeit und Frieden) stehen auf der Tagesordnung der EÖV3. Neben Vorträgen und Plenardebatten werden sich die Delegierten jeden Tag in kleineren Diskussionseinheiten mit den einzelnen Themen befassen. Am 6. September werden unter anderem José Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, und der rumänische Ministerpräsident Calin Popescu Tariceanu erwartet. Der anglikanische Bischof von London, Richard Chartres, und der orthodoxe Erzbischof von Tirana und ganz Albanien, Anastasios, werden zum Thema Europa, Religionen und Migration sprechen. Die Plenarsitzung am 7. September wird unter anderem von der hannoverschen Landesbischöfin Margot Kässmann, die Mitglied im Rat der EKD ist, geleitet. Am 8. September soll eine Abschlusserklärung verabschiedet werden.
Die als eine Art "Pilgerreise" angelegte internationale ökumenische Versammlung EÖV3 begann mit einer Auftaktveranstaltung 2006 in Rom, führte über lokale, regionale und nationale Treffen weiter zu einer Vorveranstaltung in Wittenberg im Februar 2007 und endet mit der Versammlung in Sibiu/Hermannstadt. Sie möchte die Tradition der beiden bisherigen Europäischen Ökumenischen Versammlungen fortsetzen, zu denen der Rat der CCEE und die KEK jeweils gemeinsam eingeladen hatten. Die erste fand 1989 in Basel (Schweiz), die zweite 1997 in Graz (Österreich) statt.
Ignoranz und Oberflächlichkeit behindern Ökumene
Kurz vor der europäischen Kirchenversammlung in Sibiu erinnerte jetzt ein Mitveranstalter daran, was die Voraussetzung für einen echten ökumenischen Dialog ist. Der Generalsekretär des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), Aldo Giordano, machte gegenüber der Presse deutlich, dass "nur jene, die das Christentum kennen und leben, zur Ökumene beitragen können". Giordano wörtlich: "Das grösste Hindernis ist die Unkenntnis des Christentums oder die Oberflächlichkeit des christlichen Lebens."
Im Sinne der Ökumene forderte Giordano dazu auf, "dass wir uns unserer Zugehörigkeit zur Kirche und unserer Identität stärker bewusst werden. Menschen, die das nicht vertieft leben und die Kirche oder die eigene Gemeinschaft nicht gründlich kennen, sind kaum dazu befähigt, zum Dialog mit Angehörigen anderer Gemeinschaften beizutragen."
Das heutige Europa habe einerseits "Schwierigkeiten, Ideale und Werte zu finden". Andererseits "hören wir, dass es in Europa eine neue starke Nachfrage nach Sinn gibt". Es müsse daher dringend bezeugt werden, "dass es ein Licht gibt, das bei den Wurzeln des Christentums ansetzt". Nur auf diese Weise könne sich Europa den Herausforderungen der Welt stellen.
Treffen hat vor allem atmosphärische Bedeutung
"Von Grossveranstaltungen erwarte ich persönlich nicht allzu viel. Sie haben aber eine grosse atmosphärische Bedeutung, denn die Begegnung der Menschen ist wichtig", erklärte Bischof Bernhard Heitz, von der Altkatholischen Kirche in Österreich. Dem Wiener Radio Stephansdom sagte Heitz, er rechne bei der "Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung" mit keinen spektakulären inhaltlichen Fortschritten im Dialog zwischen den Konfessionen, hoffe aber, dass alleine schon die gute Atmosphäre und der persönliche Austausch positive Folgewirkungen haben werden.
Umstrittenes Vatikanpapier als Belastung auf dem gemeinsamen Weg nach Sibiu?
Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber hingegen erhofft sich von der EÖV3 einen Schub für die Ökumene. "Die Menschen in Europa erwarten von ihren Kirchen wichtige Schritte zu einem glaubwürdigen gemeinsamen Zeugnis", erklärte Bischof Wolfgang Huber kürzlich gegenüber der Presse in Hannover. Natürlich würden auch die Mitte Juli von der römischen Kongregation für die Glaubenslehre veröffentlichten "Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche" eine Rolle in der Diskussion spielen, so Huber. Das Vatikan-Papier war bei Protestanten überwiegend auf Kritik gestossen. Es wurde als vertane Chance sowie als Brüskierung der Ökumene gewertet.
Nach Meinung des EKD-Ratsvorsitzenden könnten die Kirchen einen wichtigen Beitrag leisten bei der Bewältigung globaler Herausforderungen, im Ringen um Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung. "Wir können vor allem dann unsere Glaubensüberzeugungen wirksam in diese Diskussionen einbringen, wenn wir dies gemeinsam im Lichte des uns verbindenden Evangeliums von Jesus Christus tun“, betonte Huber.
"Dieses Dokument ist sicherlich eine Belastung auf dem gemeinsamen Weg nach Sibiu" sagte Michael Bünker, geistlicher Oberkirchenrat und designierter Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich. "Es ist bedauerlich, dass gerade dann, wenn wir uns gemeinsam auf die 3. Europäische Ökumenische Versammlung in Sibiu vorbereiten, der Vatikan dieses Dokument verlautbart", so Bünker. Inhaltlich bringe der Text zwar "nichts Neues, erstaunlich sind nur die Wiederholungen". Die protestantischen Kirchen bräuchten "keine Approbierung von der römisch-katholischen Kirche".
Ökumenischer Wetterwechsel?
Die evangelische Theologin und hannoversche Landesbischöfin Margot Kässmann rief in der Berliner Wochenzeitung "Die Kirche" die Protestanten, Katholiken und orthodoxen Christen zu verstärkter Zusammenarbeit auf., obwohl derzeit die "ökumenische Grosswetterlage frostig" sei. Von der EÖV3 in Sibiu müsse das Signal ausgehen, mehr Ökumene zu wagen, betonte Kässmann. Es müsse deutlicher werden, dass sich trotz aller Konflikte "alle an derselben Bibel orientieren". Sie hoffe dabei auch auf Verbesserungen des gespannten Verhältnisses zu den orthodoxen Kirchen, die die evangelische Kirche als "verweltlicht und zu liberal" ansähen. So habe sich die rumänisch-orthodoxe Kirche der Ökumene gegenüber bisher sehr aufgeschlossen gezeigt.