Der 45-jährige Dmitry Terebilov aus der zentralrussischen Stadt Kostroma wurde laut Forum 18 als erster Zeuge Jehovas ein zweites Mal wegen „Fortsetzung der Aktivitäten einer verbotenen extremistischen Organisation“ schuldig gesprochen.
Seit dem landesweiten Verbot der Zeugen Jehovas im Jahr 2017 wurden 822 von ihnen strafrechtlich verfolgt. 180 wurden von den Gerichten erster Instanz zu Haftstrafen verurteilt, 299 zu bedingten Haftstrafen und 83 zu Geldstrafen.
Gemäss dem Bericht von Forum 18, norwegische Menschenrechtsorganisation, wurde er am 23. Januar zu mehr als fünf Jahren Gefängnis verurteilt, weil er während seines ersten Gefängnisaufenthalts die Fragen eines Mitgefangenen über seinen Glauben beantwortet hatte. Die Anklage stützte sich auf Aufzeichnungen der abgehörten Gespräche der Gefangenen und Briefe, die Terebilov von anderen Zeugen Jehovas in der Haft erhalten hatte. Diese Briefe wurden als Beweis für seine „extremistische Tätigkeit“ herangezogen, obwohl der für die Zensur verantwortliche Beamte bezeugte, dass die Briefe keine Aufrufe zum Schüren von Hass oder Feindschaft enthielten. Terebilov hat Berufung gegen das Urteil eingelegt. Sollte es rechtskräftig werden, muss er die zweite Strafe in einem Arbeitslager strengen Regimes verbüssen.
Am 6. September 2024 hatte Terebilov seine erste Haftstrafe von 3 Jahren verbüsst, wurde jedoch nicht aus der Haft entlassen, sondern für die Dauer des zweiten Verfahrens in Untersuchungshaft genommen.
„Alles, was ich als Zeuge Jehovas tue, ist bereits ein Verbrechen.“
„Ich kann nicht verstehen, was ich Böses getan habe und wem“, erklärte Terebilov vor Gericht. „Wie kann ich verstehen, was erlaubt ist und was nicht? Die Behörden sagen, dass meine Religion nicht verboten ist, dass ich sie praktizieren kann, wenn ich mich nicht extremistisch betätige und das habe ich nie getan. Aber die Beamten glauben, dass alles, was ich als Zeuge Jehovas tue, bereits ein Verbrechen ist.“
Razzien gegen Zeugen Jehovas in deren Wohnungen
In den ersten drei Monaten des Jahres 2025 haben die Ermittlungsbehörden weiterhin Strafverfahren gegen Zeugen Jehovas eingeleitet und Razzien in deren Wohnungen durchgeführt. Wie bisher wurden Zeugen Jehovas wegen der Ausübung ihres Rechts auf Religions- bzw. Weltanschauungsfreiheit nach den gesetzlichen Bestimmungen gegen Extremismus verurteilt.
Am 3. Februar wurden sieben Zeugen Jehovas von einem Gericht in Wladiwostok der Beteiligung an einer extremistischen Organisation schuldig befunden. Zwei Männer wurden zu sieben bzw. sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Die anderen fünf, alles Frauen, wurden zu bedingten Haftstrafen verurteilt.
Am 6. März wurde der Zeuge Jehovas Aleksandr Gennadyevich Tsikunov wegen „Durchführung von Aktivitäten einer extremistischen Organisation“ zu sechs Jahren Haft verurteilt. Auch ältere und chronisch kranke Menschen bleiben nicht vor Strafverfolgung verschont. Die medizinische Versorgung in Gefängnissen und Arbeitslagern ist oft mangelhaft, was zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Gefangenen führt.
Erster Zeuge Jehovas, der während seiner Haftzeit gestorben ist
Am 20. März 2025 ist Valery Semyonovich Baylo, der unter einer chronischen Magen-Darmerkrankung litt, in einem Krankenhaus in Novorossiysk gestorben in das er von einer Haftanstalt verlegt wurden war. Er war der erste Zeuge Jehovas, der während seiner Haftzeit gestorben ist.
Auch die Strafverfolgungen von Muslimen, die gemeinsam die Werke des verstorbenen Theologen Said Nursi lesen, gehen weiter.
Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 28. März 2025)
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA / APD