Wie Freikirchen ihren Glauben an die nächste Generation weitergeben, war das Thema der Frühjahrstagung des Vereins für Freikirchenforschung (VFF), die an der Theologischen Hochschule der Siebenten-Tags-Adventisten in Friedensau bei Magdeburg stattfand. Dabei wurde festgestellt, dass die Jugend nicht die Zukunft, sondern die Gegenwart der christlichen Gemeinden sei.
Dr. Johannes Hartlapp, Dozent in Friedensau, begann mit einem Referat über "Jugend und Religion" anhand der Shell-Studie von 2006. Er kritisierte zwar die nach seiner Meinung teilweise tendenziösen und wenig differenzierten Fragestellungen der Studie, aber das ändere nichts an deren Fazit: Jugendliche seien durchaus strukturkritisch eingestellt, jedoch nicht unbedingt glaubenskritisch. Ihre Welt werde allerdings durch eine diffuse Angst vor unsicheren Zukunftsperspektiven für junge Menschen deutlich dominiert. Hartlapp betonte die Wichtigkeit der Kleingruppe für Jugendliche. Sie vermittle Geborgenheit und Halt. Wichtig sei auch die Frage nach Riten. Kinder orientierten sich, auch im Bereich der Religion, wieder an ihren Eltern. Der Generationenkonflikt trete zurück.
Professor Dr. Michael Fricke, Universität Bamberg, gab einen Überblick über den Stand der Religionspädagogik im landeskirchlichen Kontext. Er plädierte für einen Dialog mit den Jugendlichen und Kindern. Es sei wichtig, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Kinder und Jugendliche selbst die Traditionen ihrer Kirche entdecken könnten. Professor Achim Härtner, Dozent an der Theologischen Fachhochschule der Evangelisch-methodistischen Kirche Reutlingen, stellte die Arbeitshilfen seiner Kirche für den Religionsunterricht der 7. und 8. Klasse vor. Ziel sei, junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Urteilsfähigkeit zu fördern und damit zu einer Entscheidung für Christus anzuleiten. Härtner kritisierte das mangelnde Interesse der Freikirchen am Thema Weitergabe des Glaubens an die nächste Generation. Hier würde zu wenig qualitatives und finanzielles Engagement gezeigt.
Peter-Johannes Athmann (Nürnberg) hatte kritische Rückfragen an die baptistische Praxis zum Umgang mit Kindern in den Gemeinden. Er stellte die Fragen "Sind Kinder Teil des Reiches Gottes? Dürfen sie am Abendmahl teilnehmen, auch wenn sie noch nicht getauft sind? Ist die Taufe im Baptismus nicht eher eine ethische, auf Gehorsam beruhende, anstatt eine soteriologische, die Erlösung des Menschen betreffende, Fragestellung? Werden im Material zum biblischen Unterricht nicht Bekehrung und Heiligung durcheinander geworfen?" Diese Spannungsfelder würden überhaupt nicht im Baptismus reflektiert. So ergebe sich für Kinder eine seltsame Zwitterrolle: Sie seien zwar wichtig in der Gemeinde, aber dennoch nicht Teil der Gemeinde. Athmann plädierte dafür, eine Form der Mitgliedschaft für Kinder einzuführen, die diesen einen kirchenrechtlich einwandfreien Status geben würde.
Der Schweizer Theologe Stephan Sigg, Dozent in Friedensau, gab einen Einblick in den aktuellen Stand der Internet-Befragung von 6.010 adventistischen Jugendlichen im Alten von 14 bis 25 Jahren aus 20 europäischen Ländern, darunter 1.129 in Deutschland, im Rahmen der Studie "Valuegenesis Europe". Ihnen wurden anonym 335 Fragen aus den Bereichen Familie, Gemeinde, Glaubensverständnis und Lebenspraxis gestellt. Die Ergebnisse der Studie sollen Mitte 2009 veröffentlicht werden.
Über Traditionen im Baptistmus und die Vermittlung dieses Erbes an Kinder und Jugendliche sprach der Leiter der Bibelschule des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) Elstal bei Berlin, Thomas Seibert. Nach seinen Angaben sind im Gemeindejugendwerk (GJW) des BEFG 30.000 Jugendliche organisiert, die von 5.000 ehrenamtlichen Mitarbeitern betreut werden. Ziel des GJW sei, die biblische Botschaft und das Traditionsgut erlebbar zu machen. Dazu gehöre auch, dass Kinder und Jugendliche ermutigt würden, ihrem Alter entsprechend, in der Ortsgemeinde Verantwortung zu übernehmen.