"Der Deutsche Evangelische Posaunentag in Leipzig möchte Zeichen setzen, dass Gott auch heute noch zu loben ist", sagte Pastor Jörgen Zschunke (Hamburg), Bundesbläser-Posaunenwart des Advent-Posaunenwerkes der Freikirche der Siebenen-Tags-Adventisten, in seiner Predigt am Samstag-Vormittag im Sabbat-Gottesdienst der Adventgemeinde Leipzig. An dem vom Evangelischen Posaunendienst in Deutschland (EPiD) am 30. Mai und 1. Juni veranstalteten Grossereignis in Leipzig mit rund 20.000 Musikanten nahmen 100 adventistische Blechbläserinnen und -bläser des Advent-Posaunenwerkes als Mitgliedsverband des EPiD teil. Darunter befand sich auch ein seit Jahren musizierendes Ehepaar aus Nürnberg, welches das grösste Bläserereignis aller Zeiten nutzte, um seine Goldene Hochzeit zu feiern. Ein Auswahlensemble des Advent-Posaunenwerkes spielte zusammen mit der Orgel im Gottesdienst der adventistischen Gemeinde.
"Im Evangelischen Posaunendienst in Deutschland befindet sich ein 'buntes Volk'", stellte Zschunke in seiner Predigt fest. Der Freigeist der Hanseaten und der württembergische Pietismus seien auch innerhalb der evangelischen Landeskirchen Gegensätze. Dazu kämen die Freikirchen mit ihren Besonderheiten. Doch das Musizieren führe zusammen. Ein "Fis" erfordere von einem adventistischen Trompeter dieselbe Griffhaltung wie bei einem evangelischen. Gegenseitige Toleranz gehöre zur Arbeit der Posaunenchöre. Jugendliche würden sich nicht weigern, einen mittelalterlichen Choral zu blasen, und 60-Jährige seien sich nicht zu schade, ein Musikstück in Swing zu erlernen. Untersuchungen hätten ergeben, dass musizierende Kinder ein besseres soziales Verhalten als Kinder, die kein Instrument erlernen, haben. Daher müsse sich auch eine Kirche nach ihren musikalischen Angeboten fragen lassen. Doch es gehe nicht nur um junge Menschen. Auch Senioren, Frustrierte und Arbeitslose könnten musizieren. Die jüngste Errungenschaft der Posaunenarbeit sei die Rentnerband.
Nach dem Gottesdienst nahmen die adventistischen Bläserinnen und Bläser an der Eröffnungsveranstaltung des Deutschen Evangelischen Posaunentages auf dem Leipziger Augustusplatz teil. Anschliessend spielte ein Auswahlchor des Advent-Posaunenwerkes in Barthels Hof in der Innenstadt, um sich dann mit Tausenden anderer Blechbläser zur Serenade auf dem Augustusplatz zu vereinen. Den Höhepunkt bildete der festliche Abschlussgottesdienst mit rund 20.000 Musizierenden im Leipziger Zentralstadion.
Am Samstag-Abend lud die Adventgemeinde Leipzig zum Konzert mit dem Blechbläserensemble "con Licenza" ein. Die sieben Musiker aus verschiedenen Ecken Deutschlands begeisterten die Zuhörer mit Werken von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Heinrich Schütz, Edvard Grieg, Enrique Crespo, Edward Gregson und anderen Komponisten. Da die meisten dargebotenen Werke nicht für Bläser gedacht waren, wurden sie eigens für das Blech arrangiert. "Con Licenza bedeutet", so der 1. Trompeter der Gruppe, Sebastian Haase, in seiner Einführung in den musikalischen Abend, "frei, hemmungslos durch die Musikgeschichte wandeln, hier und da eine Stilblüte zu pflücken und den Zuhörern einen bunten Blumenstrauss an Blechbläserklängen zu präsentieren." Manch musikalisches Meisterwerk erhalte durch das neue Blechgewand einen ganz besonderen Reiz, "anderes scheint wie für uns komponiert zu sein". Der etwas ungewöhnliche Name "con Licenza" bedeute im musikalischen Sinne so viel wie interpretatorische und satztechnische Freiheit.
Laut dem Bundesbläser-Obmann des Posaunenwerkes der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, Pastor Hans-Joachim Scheithauer (Wiesbaden), feiert das im Mai 1958 gegründete Advent-Posaunenwerk in diesem Jahr sein 50-jähriges Jubiläum. 1948 gründete Paul Bromba, der das Trompetenspiel von einem Mitglied des CVJM in seiner Heimat Ostpreussen erlernt hatte, als junger Pastor den ersten deutschen adventistischen Nachkriegsposaunenchor in Detmold. Da die adventistische Bläserbewegung zur Zeit der Weimarer Republik nicht organisiert war und in Instrumentarium und Noten unterschiedliche Wege gegangen wurden, gab es bis dahin kein gemeinsames Musizieren. Bromba versuchte deshalb die nach 1945 entstandenen Chöre zu vernetzen, in Instrumentarium und Notenmaterial zu vereinheitlichen und vor allem durch Lehrgänge und Ausbildung die Qualität der Gruppen zu verbessern. Das gelang erst in grösserem Umfang, als er 1953 nach Nordhessen versetzt wurde und in Kontakt zum Evangelischen Posaunenwerk von Kurhessen-Waldeck kam. Zusammen mit dessen Obmann, dem Posaunenmeister und Diakon Philipp Reuse, damals Wirtschaftsdirektor der Anstalten Hephata der Inneren Misson, legte Bromba mit dem ersten, 1958 offiziell von der adventistischen Freikirche getragenen Posaunenlehrgang die Grundlage für das Advent-Posaunenwerk.
In Ostdeutschland gab es seit Anfang der 1950er Jahre wieder Bläserchöre in einigen Adventgemeinden. 1964 wurde Pastor Jörgen Zschunke mit der Leitung der adventistischen Blechbläser in der damaligen DDR beauftragt. Heute umfasst das Advent-Posaunenwerk in Deutschland 65 Chöre mit 650 Musizierenden.