Der griechisch-orthodoxe Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel predigte am 18. Oktober (Samstag) als erster nichtkatholischer Bischof vor der im Vatikan tagenden Weltbischofssynode. Bartholomaios ist faktisch das Ehrenoberhaupt von rund 300 Millionen orthodoxen Christen in aller Welt.
Bei einem Vespergottesdienst in der Sixtinischen Kapelle unterstrich Bartholomaios I. die zentrale Bedeutung der Heiligen Schrift für die Christen und für deren Einheit. Es sei ein historisches Ereignis, dass erstmals das Oberhaupt einer orthodoxen Kirche vor der römisch-katholischen Weltsynode sprechen könne. Zugleich rief der Patriarch eindringlich zu gemeinsamem Einsatz gegen Ungerechtigkeit, Hunger, Rassismus und die Zerstörung der Schöpfung auf. In der Kapelle, dem traditionellen Ort der Papstwahl, hatten sich alle 253 bischöflichen Mitglieder der Synode, darunter rund 40 Kardinäle, sowie die Beobachter, Delegierten und Experten eingefunden.
Der Patriarch, der englisch sprach, erinnerte an die orthodoxe Überzeugung, dass das synodale System gemeinsam mit dem Primat das Rückgrat der kirchlichen Organisation bildet. Bei der jüngsten Versammlung der offiziellen katholisch-orthodoxen Dialogkommission im italienischen Ravenna sei hervorgehoben worden, dass die gegenseitige Abhängigkeit zwischen den beiden Prinzipien auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens gelte, auch auf der universalen. Daher hege er die Hoffnung, so Bartholomaios I., dass römische Katholiken und Orthodoxe zu voller Übereinstimmung "über die Rolle des Primats und der synodalen Verfassung im Leben der Kirche" gelangen werden.
Papst Benedikt XVI. bedankte sich für die Rede des Patriarchen, die eine Erfahrung echter Gemeinschaft gezeigt habe. Die Christen in Ost und West hätten gemeinsame Kirchenväter, betonte er unter Hinweis auf die vielen Zitate des Patriarchen aus dem religiösen Erbe des Orients. "Wenn wir gemeinsame Kirchenväter haben, wie können wir dann nicht Brüder sein?", hob er hervor. Die Rede des Patriarchen habe tatsächlich "Synode" im Sinne einen Zusammentreffens erleben lassen.
Der "christliche Realismus" halte die Christen an, gemeinsam auf die Herausforderungen der Welt zu reagieren. Der Applaus der Synodenväter sei mehr als Höflichkeit gewesen, es habe sich um den Ausdruck einer "tiefen geistlichen Freude" gehandelt. "Wir sind auf einem gemeinsamen Weg mit Ihnen", so Benedikt XVI. wörtlich. Zum Abschluss erteilten Papst und Patriarch nacheinander den Segen.