Schweizer Kirchen sagen NEIN zur Minarett-Verbots-Initiative

Basel/Schweiz | 29.10.2009 | APD | Schweiz

Am 29. November stimmen die Schweizer Stimmbürger darüber ab, ob in Zukunft der Bau von Minaretten gesetzlich verboten werden soll. Die im Juli 2008 mit knapp 115'000 Unterschriften eingereichte Volks-Initiative besteht aus einem einzigen Satz, der in der Bundesverfassung verankert werden soll: "Der Bau von Minaretten ist verboten."

Sowohl der Schweizer Bundesrat und das Parlament empfehlen die Minarett-Verbots-Initiative dem Stimmvolk zur Ablehnung. Ein Minarettbauverbot lasse sich mit geltendem Verfassungs- und Völkerrecht nicht in Einklang bringen. Nach Ansicht von Rechtsexperten verstösst ein Verbot namentlich gegen Menschen- und Grundrechte, gegen die Religionsfreiheit, die Eigentumsfreiheit und den Anspruch auf Rechtsgleichheit.

Die Liste der Kirchen und kirchlichen Gruppierungen in der Schweiz, die sich gegen die Minarett-Initiative aussprechen, ist nach Angaben der Nachrichtenagentur APD beachtlich. Nur wenige Denominationen hätten auf eine Stellungnahme verzichtet, weil sie entweder grundsätzlich keine Stimmempfehlung abgeben oder in ihren Reihen vorwiegend ausländische Kirchenmitglieder aufweisen (z.B. Lutheraner und einige nationale orthodoxe Kirchen).

Nach Ansicht der drei Landeskirchen würde ein Verbot des Baus von Minaretten nichts am persönlichen Glauben der rund 350'000 hierzulande lebenden Muslime ändern, jedoch das Vertrauen in die Mitbürger und an den Rechtsstaat Schweiz , der die Religionsfreiheit schütze, erschüttern.

Zu den kirchlichen Dachorganisationen und Kirchen, die mit einem klaren NEIN die Volksinitiative "Gegen den Bau von Minaretten" ablehnen, zählen nach Angaben von APD: Der Verband evangelischer Freikirchen und Gemeinden in der Schweiz (VFG), die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK), die katholische Schweizer Bischofskonferenz (SBK), die Christkatholische Kirche in der Schweiz, alle evangelisch-reformierten Kantonalkirchen, die katholischen Bistümer und Gebietsabteien, die Evangelisch-methodistische Kirche (EMK) und die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten (STA).

Die Argumente der Kirchen und Freikirchen seien zwar in ihren jeweiligen Verlautbarungen vielfältig. Bei allen Stellungnahmen werde jedoch deutlich, dass ein Minarettverbot zur Diskriminierung und Ausgrenzung einer Religionsgruppe führe und zentrale Grundrechte wie die Religions- und die Glaubens- und Gewissensfreiheit antaste. Der Freikirchenverband VFG verwies auch darauf, dass es nicht Aufgabe der Freikirchen sein kann, "die Religionsfreiheit anderer Minoritäten einzuschränken".

Von den Kirchen werde durchaus die Sorge und Beunruhigung von Teilen der Bevölkerung über die wachsende Präsenz des Islam in der Gesellschaft wahrgenommen. Diese Befürchtungen gründeten sich aber nicht auf reale Vorkommnisse in der Schweiz.

Die meisten kirchlichen Positionspapiere plädieren für mehr christliche Toleranz. Gleichzeitig fordern sie einen gegenseitigen Umgang in Rücksicht und Offenheit mit Religionsgemeinschaften und deren Glaubenspraxis, um zukunftsorientierte Lösungen für das Zusammenleben in Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit zu schaffen.

Die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK CH), die das theologische Gespräch und die gegenseitige Information unter den Mitgliedkirchen fördert und gemeinsame Anliegen nach aussen trägt, verzichtete laut Generalsekretärin Christiane Faschon auf eine eigene Verlautbarung. Sie überliess es den zehn AGCK-Mitgliedskirchen, zur Minarett-Initiative Stellung zu beziehen.

Andererseits hat sich der Schweizerische Rat der Religionen (SCR) in einer 8-seitigen Erklärung "Für ein Zusammenleben der Religionen in Frieden und Freiheit" ausführlich zum Abstimmungsthema geäussert und die Minarett-Initiative entschieden abgelehnt. Der Rat, der aus leitenden Persönlichkeiten der Christen, Juden und Muslime besteht, setze sich dafür ein, den religiösen Frieden in der Schweiz zu schützen und das gegenseitige Vertrauen zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften zu stärken. Die Minarett-Initiative bewirke das Gegenteil, so der Rat.

Auch zehn Schweizer Missions- und Hilfswerke, Entwicklungs- sowie interreligiöse Organisationen haben gemeinsam zur Ablehnung der Minarett-Initiative in der Volksabstimmung vom 29. November aufgerufen. Neben den drei Hilfswerken HEKS, Brot für alle (BFA) und Caritas Schweiz – die den Landeskirchen nahestehen - haben die gemeinsame Stellungnahme auch die Bethlehem Mission Immensee, mission 21 (Evangelisches Missionswerk Basel), der Christlicher Friedensdienst (cfd), E-CHANGER, DM-échange et mission, sowie die interreligiöse Arbeitsgemeinschaft IRAS COTIS und das Katharina-Werk Basel mitunterzeichnet.

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