Das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat den Schutz der Sonn- und Feiertage gestärkt. Es kippte am 1. Dezember in Teilen die Berliner Regelung, nach der an bis zu zehn Sonntagen im Jahr die Geschäfte geöffnet haben dürfen. Gegen diese Regelung hatten die katholische Deutsche Bischofskonferenz (Bonn) und die Evangelische Kirche in Deutschland/EKD (Hannover) geklagt.
Zur Begründung hiess es, Sonn- und Feiertage seien als "Tage der Arbeitsruhe" aus religiösen Gründen, aber auch zur persönlichen Erholung der Arbeitnehmer und ihrer Teilhabe am sozialen Leben geschützt. Die Kirchenvertreter hätten in ihrer Verfassungsbeschwerde die Möglichkeit der Verletzung des Grundrechtes auf freie Religionsausübung hinreichend dargelegt, so der Präsident des Gerichtes, Hans-Jürgen Papier.
Nach der Entscheidung der Richter widersprechen insbesondere die vier verkaufsoffenen Adventsonntage in Berlin dem Sonntagsschutz des deutschen Grundgesetzes. Der Staat müsse diese Sonntage besser schützen, denn Ausnahmen dürften nicht mit "blossen wirtschaftlichen Interessen" begründet werden.
Die Berliner Regelung über die Öffnung an sechs weiteren Sonn- und Feiertagen kann unter Auflagen fortgesetzt werden. Die Entscheidung über die Klage der Kirchen erging zum grossen Teil mit fünf zu drei Stimmen.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, begrüsste die Entscheidung. "Das Urteil hat den Sonntag gestärkt und unterstrichen, dass dieser Tag ein hohes Kulturgut für die gesamte Gesellschaft ist", sagte der Freiburger Erzbischof der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA in Bonn: "Der Sonntag trägt massgeblich zur Qualität menschlichen Zusammenlebens bei". Die christliche Feiertagskultur in Deutschland sei gestärkt worden.
Auch die evangelische Kirche begrüsste die Entscheidung. Es sei deutlich geworden, dass der Kommerz keine Priorität habe und der Sonntag für Erholung und Besinnung reserviert sei, sagte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Katrin Göring-Eckardt, im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Der Unterschied zwischen Sonn- und Werktagen sei deutlich hervorgehoben worden.
Die deutsche "Allianz für den freien Sonntag" sieht im Urteil ein "wichtiges Signal" für den Sonntagsschutz. In einer in München veröffentlichten Erklärung des Bündnisses heisst es, den geplanten exzessiven Sonntagsöffnungen des Einzelhandels im Advent werde damit ein Riegel vorgeschoben. Die "Allianz für den freien Sonntag" ist eine gemeinsame Initiative von Gewerkschaften und kirchlichen Verbänden.
Gültig wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die Berliner Ladenöffnung an den Adventsonntagen erst ab nächstem Jahr. Für den Advent 2009 erhielten Händler und Sonntagseinkäufer noch eine Schonfrist.