Die Situation der Christen im Nordirak spitzt sich zu. Der Erzbischof von Mosul, Amil Shamaaoun Nona, sagte gegenüber dem weltweiten katholischen Hilfswerk "Kirche in Not", wenn es so weitergehe wie in den vergangenen Tagen, würden bald alle Christen Mosul verlassen haben. Allein in der vergangenen Woche seien dort sechs Christen von Extremisten ermordet worden. Die Morde wären nach Aussage von Erzbischof Nona politisch motiviert gewesen und hätten die Vertreibung aller Christen aus der Stadt zum Ziel. Wer genau hinter den Anschlägen stecke, sei ihm nicht bekannt. Er vermutet aber, es handele sich um eine "politische Gruppierung, die einen Nutzen vom Verschwinden der Christen habe".
Die Stimmung unter seinen Gläubigen beschreibt der Erzbischof als blanke Panik. Ob bei der Arbeit, in der Schule oder zu Hause – nirgendwo seien Christen in Mosul vor Mordanschlägen sicher, sagte Nona. Unter diesen Umständen falle es jenen Menschen sehr schwer, noch in der Stadt zu bleiben. Von den fünftausend christlichen Familien, die noch im Jahr 2003 in der Stadt lebten, seien heute nur noch wenige geblieben. Täglich verliessen nach Aussage des Erzbischofs etwa ein Dutzend Familien Mosul.
Ein katholischer Geistliche in der mehrheitlich muslimischen Stadt, der anonym bleiben wollte, betonte: "Mosul ist zu einem Friedhof für Christen geworden."
Das Blutvergiessen werde nicht beendet, weil die Mörder völligstraffrei blieben und die Sicherheitskräfte nichts zum Schutz der Christen unternehmen würden, sagte der Priester. "Wir sind wehrlose Opfer. Man sieht den Schrecken in den Augen der christlichen Familien, die sich fragen: Wer wird der nächste sein?". Die Lage erinnere an eine gezielte ethnische Säuberung durch bestimmte Kräfte.