Papst Benedikt XVI. plant offenbar die Errichtung eines eigenen "Vatikan-Ministeriums" für die Neuevangelisierung. Die Behörde solle neben der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, die für die kirchlichen Missionsaktivitäten in Asien und Afrika zuständig ist, eine neue Glaubensvermittlung in Europa, Nord- und Südamerika anstossen und begleiten, berichtete die italienische Zeitung "Il Giornale" in ihrer Sonntagsausgabe vom 25. April. Präsident der Behörde, die den Rang eines Päpstlichen Rates haben könnte, solle der italienische Erzbischof Rino Fisichella (59) werden. Kurienkreise wollten die Nachricht nicht bestätigen, bezeichneten sie jedoch als "sehr wahrscheinlich".
Gemäss Kathpress sei die Neuevangelisierung für Papst Benedikt XVI. wie für seinen Vorgänger Johannes Paul II. ein zentrales Anliegen. Wiederholt forderten beide Päpste, dass angesichts des Rückgangs an christlicher Glaubenssubstanz in Europa, sowie in Nord- wie Südamerika gezielte Massnahmen erforderlich seien.
Für die Betrauung Fisichellas mit der neuen Aufgabe spräche, dass dessen fünfjährige Amtszeit als Grossrektor der Lateran-Universität demnächst endet. Zudem sei der als "Chef-Ethiker" bekannte Erzbischof in seiner Funktion als Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben nicht unumstritten. Trotz mancher Kritik habe der profilierte Theologe, der bereits als Kandidat für eine Spitzenposition in der Glaubenskongregation genannt wurde, offenkundig das Vertrauen der römischen Kurie.
Der im römisch-katholischen Kontext verwendete Begriff "Evangelisierung" bedeutet in erster Linie "das Evangelium über die gesamte Welt zu verbreiten". Evangelisierung kann sowohl mit einer Missionierung einhergehen, welche die Bekehrung (Konversion) und Taufe der Evangelisierten zum Ziel hat, als auch mit einer Katechese zur Neubelebung des christlichen Glaubens der Evangelisierten.
In der 2007 veröffentlichten "Lehrmässigen Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung" präzisierte die Kongregation für die Glaubenslehre: "Das Wort Evangelisierung hat eine überaus reichhaltige Bedeutung. In einem weiteren Sinn fasst es die gesamte Sendung der Kirche zusammen: Ihr ganzes Leben besteht ja in der Verwirklichung der traditio Evangelii, der Verkündigung und Weitergabe des Evangeliums, das „eine Kraft Gottes [ist], die jeden rettet, der glaubt“ ( Röm 1,16 EU), und letztlich mit Jesus Christus identisch ist ( 1 Kor 1,24 EU). Deshalb richtet sich die so verstandene Evangelisierung an die ganze Menschheit."
Papst Benedikt XVI. rief 2007 bei der Veröffentlichung des Dokuments in Erinnerung: "Die Verkündigung und das Zeugnis des Evangeliums sind der allererste Dienst, den die Christen jedem einzelnen Menschen und dem ganzen Menschengeschlecht leisten können, sind sie doch dazu aufgerufen, allen die Liebe Gottes zu vermitteln, die im einzigen Erlöser der Welt, Jesus Christus, ganz offenbart worden ist. Die Liebe, die von Gott kommt, eint uns mit ihm und macht uns zu einem Wir ..., das unsere Trennungen überwindet und uns eins werden lässt, so dass am Ende ,Gott alles in allem‘ ist (vgl. 1 Kor 15, 28)".