Lehrplan 21: Kirchen uneins über Religionsunterricht an Schulen

Zürich/Schweiz | 19.10.2011 | APD | Schweiz

Religion dürfe an der Schule nicht tabuisiert werden, deshalb gehöre der Religionsunterricht zur Schule, heisst es in einer Medienmitteilung der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) vom 17. Oktober mit der sie auch neun Postulate zur religiösen Bildung im Lehrplan 21 vorstellte.

Demnach fordert die SEA aus kulturgeschichtlichen Gründen Priorität für die christliche Religion, die Weiterführung der eingespielten, aber kantonal unterschiedlichen Zusammenarbeit von Behörden und Kirchen beim Religionsunterricht und ist gegen die Einführung eines obligatorischen Religionskundeunterrichts an den Schulen. Im Weiteren verlangt die SEA in ihren Postulaten nicht nur Informationsvermittlung über Religionen, sondern einen Religionsunterricht, der den Glauben fördere sowie religiöse Identität vermittle und deshalb von Lehrpersonen unterrichtet werden müsse, die die christliche Religion wertschätzten. Zudem müsse die Teilnahme am Religions- sowie am Religionskundeunterricht, der erst in der Oberstufe angeboten werden solle, grundsätzlich freiwillig sein. Auch dürfe der konfessionell neutrale Staat nicht in respektloser Weise die Gleichwertigkeit der Religionen vorgeben, weil er damit dem Selbstverständnis der Religionen nicht entspreche und die Spannung zwischen den Religionen aufhebe.

Adventisten sind für Trennung von Kirche und Staat
„Wir vertreten die Trennung von Kirche und Staat“, sagte Pastor Herbert Bodenmann, zuständig für Öffentliche Angelegenheiten und Religionsfreiheit der evangelischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in der Schweiz, als er die SEA Postulate gegenüber APD kommentierte. „Der religiös neutrale Staat darf gemäss unserer Auffassung aus prinzipiellen Überlegungen keine Religion, Konfession oder Weltanschauung gegenüber anderen vorziehen und hat auch keinen konfessionellen Religionsunterricht anzubieten oder Lohnanteile dafür aus Steuermitteln zu finanzieren“, so Bodenmann. Entsprechend müssten entweder alle religiösen oder weltanschaulichen Gruppierungen das Recht haben Schulräume für ihre Unterweisung benützen zu dürfen oder keine von ihnen. Glaubensunterweisung und der Aufbau einer religiösen Identität bei Kindern sei Sache der Eltern oder der Kirchen, so der Pastor, nicht aber Aufgabe der öffentlichen Schulen und damit des Staates.

„Ich begrüsse einen vergleichenden Religionskunde- sowie einen Ethikunterricht in der Oberstufe“, unterstrich Pastor Bodenmann, der aber obligatorisch sein müsste. Dabei gehe es um das Informieren über Religionen, nicht um das Vermitteln von Religion. „Es ist für das Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft von elementarer Wichtigkeit“, so Bodenmann, „dass Schüler christlicher, muslimischer oder atheistischer Prägung ein Grundwissen über die grössten Weltreligionen und Weltanschauungen haben, dass sie erfahren wie man verantwortbare Entscheidungen trifft und dass sie vor allem ein Wissen über die Menschenrechte als Basis unserer gemeinsamen Werte haben.“

Er wisse, so der Pastor, dass die adventistische Position in vielen christlichen Kreisen nicht geteilt werde. Sie sei aber letztlich alternativlos, sofern man die Religions- und Weltanschauungsfreiheit, die für alle gelte, ernst nehmen wolle.

Die Schweizerische Evangelische Allianz (SEA) ist eine Bewegung von Christinnen und Christen aus reformierten Landeskirchen, evangelischen Freikirchen und christlichen Organisationen. Sie besteht aus 80 lokalen Sektionen mit rund 550 Gemeinden und 110 christlichen Organisationen. Die Basis der SEA wird auf rund 250 000 Personen geschätzt.

Zur evangelischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in der Schweiz gehören rund 4.300 erwachsen getaufte Christen in 56 Gemeinden und Gruppen. Die erste adventistische Gemeinde der Schweiz wurde 1867 in Tramelan/Jura gegründet. Die Adventisten sind eine Weltkirche, die in 206 Ländern tätig ist und rund 17 Millionen Mitglieder hat.

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