Der Exekutivausschuss der Weltkirchenleitung (Generalkonferenz) der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten beschloss Anfang Oktober 2011, dass Frauen nicht in Leitungspositionen eingesetzt werden können (E-60 Policy/Richtlinie). Der Exekutivausschuss der nordamerikanischen Adventisten bekräftigte am 31. Oktober, ungeachtet der negativen Entscheidung der Weltkirchenleitung, mit grosser Mehrheit, an ihrer im Jahr 2010 eingeführten Praxis festzuhalten, wonach auf dem Gebiet der Nordamerikanischen Kirchenleitung auch nichtordinierte Personen in die Leitungsposition eines "Vereinigungsvorstehers" gewählt werden könnten. Am 31. Januar teilte der Präsident der Nordamerikanischen Kirchenleitung, Pastor Dan Jackson, mit, dass rechtliche Abklärungen zwischenzeitlich ergeben hätten, dass der Exekutivausschuss der nordamerikanischen Adventisten nicht berechtigt sei, Richtlinien zu erlassen, die nicht in Übereinstimmung mit den Statuten („Working Policy“/Arbeitsrichtlinien) der Weltkirchenleitung wären. Der Wortlaut der nordamerikanischen Arbeitsrichtlinie werde in diesem Punkt wieder jener der E-60 Richtlinie der Weltkirchenleitung angepasst.
Adventisten in Nordeuropa
Der Exekutivausschuss der Trans-Europäischen (TED) Kirchenleitung hatte am 16. November 2011 mit 91 Prozent der Delegiertenstimmen dafür votiert, dass jede nationale Kirchenleitung in ihrem Territorium das Recht habe, Frauen und Männer gleich zu behandeln. Somit könnten ordinierte Pastoren, wie auch Personen mit einer Beauftragung für geistliche Aufgaben, also auch Frauen, für die Leitungsposition eines Vereinigungs- oder Verbandsvorstehers im TED-Kirchenverwaltungsgebiet gewählt werden. Wie Audrey Andersson, Exekutivsekretärin der Trans-Europäischen Kirchenleitung betonte, hätte ihre Kirchenverwaltung mit dem jüngsten Beschluss keine Änderungen an den Richtlinien wie die nordamerikanischen Adventisten vorgenommen, sodass sich die Adventisten in Nordeuropa weiterhin im Rahmen der Richtlinien der Weltkirchenleitung bewegten.
Der Exekutivausschuss der Weltkirchenleitung will in einem mehrjährigen globalen Prozess bis zur nächsten Weltsynode 2015 kirchenintern die Ordinationsfrage an Hand der Aussagen der Bibel klären.
Zur Nordamerikanischen Kirchenleitung (NAD) gehören 1,12 Millionen erwachsen getaufte Adventisten in Kanada und den USA sowie auf Bermuda, der Johnston Insel, den Midway- und einigen weiteren Pazifikinseln.
Zur Trans-Europäischen Kirchenleitung (TED) zählen rund 82.000 Adventisten in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Dänemark, Estland, Färöer Inseln, Finnland, Griechenland, Grönland, Grossbritannien, Irland, Island, Kanalinseln, Kroatien, Lettland, Litauen, Mazedonien, Montenegro, Niederlande, Norwegen, Polen, Schweden, Serbien, Slowenien, Ungarn und Zypern.
Die Adventisten sind als weltweite Kirche folgendermassen organisiert: Mehrere Ortsgemeinden bilden eine „Vereinigung“ (etwa Deutschschweizerische Vereinigung) und mehrere Vereinigungen einen „Verband“ (etwa Norddeutscher Verband). Die Verbände, auch „Unionen“ genannt, vereinigen sich in der „Generalkonferenz“ als Weltkirchenleitung, die für geografische Gebiete auf kontinentaler Ebene Abteilungen, „Divisionen“ genannt, unterhält. Zurzeit gibt es weltweit 575 Vereinigungen, 114 Verbände und eine Generalkonferenz mit 13 Divisionen. Jede Division hat eine eigene Kirchenleitung samt Exekutivausschuss.
Frauen können nach ihrem Theologiestudium in der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten zwar als Pastorin „gesegnet" werden und damit fast alle Amtshandlungen, wie Taufe, Abendmahl, Trauung und Beerdigung, vornehmen; doch ordiniert werden nur männliche Geistliche. Während die Ordination von Pastoren weltweit innerhalb der Freikirche Gültigkeit hat, können Frauen als Pastorinnen nur in den Gebieten wirken, die zu einer Kirchenleitung gehören, welche die Segnung vornahm. Die Weltsynoden der Adventisten 1990 in Indianapolis/USA und 1995 in Utrecht/Niederlande hatten die Ordination von weiblichen Geistlichen mehrheitlich abgelehnt. Die Zulassung von Frauen, die als ordinierte Pastorinnen amtieren, ist ausserhalb von Nordamerika, Westeuropa, China und Australien/Ozeanien, wo nur etwa 13 Prozent der weltweit rund 17 Millionen erwachsen getauften Mitglieder leben, äusserst umstritten.