Zu einem zehntägigen offiziellen Pastoralbesuch befand sich Ende März und Anfang April der Präsident der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) der Siebenten-Tags-Adventisten, Pastor Ted N. C. Wilson (Silver Spring, Maryland/USA), in der Volksrepublik China. Stationen der Reise waren unter anderem Wenzhou und Hangzhou in der südöstlichen Provinz Zhejiang, Shanghai und die nahegelegene Stadt Wuxi sowie Shenyang in der nordchinesischen Provinz Liaoning. Begleitet wurde Wilson laut einem Bericht der nordamerikanischen Kirchenzeitschrift „Adventist Review“ von dem aus Singapur stammenden Pastor G. T. Ng sowie dem Kanadier Robert Lemon, Generalsekretär beziehungsweise Schatzmeister der Weltkirchenleitung, Pastor Jairyong Lee (Goyang City/Südkorea), Präsident der Adventisten in der Nordasien-Pazifik Region, und Pastor David Kok Hoe Ng, Vorsteher der adventistischen China-Mission in Hongkong. Zur Delegation gehörten auch der im Ruhestand lebende frühere Vizepräsident der Generalkonferenz, Eugene Hsu, William Costa Jr., Kommunikations¬direktor der Weltkirchenleitung, und sein Stellvertreter, Andre Brink, sowie der Kommunikationsabteilungsleiter der Nordasien-Pazifik Region, Suk Hee Han.
In der Neun-Millionen-Einwohner-Stadt Wenzhou gebe es eine Million Christen, teilte Eugene Hsu mit. Die Stadt werde deshalb als das „Jerusalem Chinas“ bezeichnet. Dort lebten auch 40.000 Adventisten. Sie wären die zweitgrösste christliche Gruppe in der Stadt. In der Jingshi Kirche habe Pastor Wilson in einem Abendgottesdienst Worte der Ermutigung den adventistischen Gläubigen zugesprochen. In Shanghai predigte der Generalkonferenzpräsident vor über 1.500 Adventisten. Ein weiterer Gottesdienst mit Ted Wilson fand in der zwei Autostunden entfernten Xi‘an Kirche in Wuxi statt, so der Bericht des „Adventist Review“.
„Wir haben uns schon lange auf den Besuch der adventistischen Kirchenleiter gefreut“, sagte der Student Elisha Ding. Er ist, laut „Adventist News Network“ (ANN), einer von über hundert jungen Leuten, die für den Dienst in der adventistischen Beiguan Kirche in Shenyang ausgebildet werden. „Alle unsere Studenten müssen selbst finanziell für ihren Unterhalt aufkommen“, betonte Hao Ya Jie, Gemeinde- und Ausbildungsleiter. Die Jugendlichen würde zunächst ein Jahr unterwiesen und bekämen von ihren Beratern verschiedene Aufgabe in der Gemeinde übertragen. Die besten Absolventen würden nach dem Jahr zusätzlich theologisch geschult. Manche der Studenten würden als Missionare in andere Gebiete gesandt.
Wie ANN meldet, habe die Gemeinde in Shenyang mit nur 20 Gottesdienstbesuchern in einer Privatwohnung begonnen. Später hätte sie sich mit einer anderen christlichen Gruppe eine Kirche geteilt und dann selbst ein Haus gemietet. Durch die Opferbereitschaft der immer mehr werdenden Mitglieder sei es dann möglich gewesen, ein eigenes vierstöckiges Gemeindezentrum zu bauen. Heute zähle die adventistische Beiguan Kirche über 3.000 Mitglieder. In der Umgebung von Shenyang seien zahlreiche weitere Gemeinden mit insgesamt 7.000 Mitgliedern entstanden. Täglich gebe es in der Beiguan Kirche um fünf Uhr früh ein gut besuchtes Morgengebet, zu dem selbst im sehr kalten Winter immer noch einhundert Gläubige kämen. Pastor Ted Wilson ermutigte die Gemeinde in einem Gottesdienst weiterhin so aktiv zu wirken.
Die Kirchenleiter besuchten in Hangzhou auch die adventistische Meilizhou Kirche. Die Mitglieder hätten laut ANN Geld gespendet, um in einem Neubaugebiet ein Gemeindezentrum zu errichten.
Im Oktober 2011 kamen Vertreter der „Patriotischen Protestantischen Drei-Selbst-Bewegung“ (TSPM) und des „Chinesischen Christenrates" (CCC) nach Silver Spring, Maryland/USA, um im Verwaltungsgebäude der Generalkonferenz der Siebenten-Tags-Adventisten die jetzt stattgefundene Chinareise vorzubereiten. Bereits im Juni/Juli 2010 besuchte eine Gastdelegation der TSPM und des CCC die Weltsynode der Adventisten in Atlanta, Georgia/USA, und überbrachte anschliessend in Silver Spring dem Präsidenten der Weltkirchenleitung, Pastor Ted N. C. Wilson, die Einladung zu einem offiziellen Besuch in die Volksrepublik China.
Die Adventisten sind in der Volksrepublik China eine wachsende Religionsgemeinschaft mit etwa 400.000 Gläubigen in rund 4.000 Gemeinden, einschliesslich sogenannter „Hauskirchen“. 1958 übernahm zwar die Patriotische Protestantische Drei-Selbst-Bewegung (TSPM) mit ihren Prinzipien Selbstunterhaltung, Selbstverwaltung und Selbstverbreitung für alle protestantischen Kirchen die Verantwortung, sodass die einzelnen Konfessionen ihre Eigenständigkeit verloren. Die chinesischen Adventisten feiern jedoch nicht wie andere Protestanten den Gottesdienst am Sonntag, sondern nach wie vor am Samstag, dem biblischen Sabbat, und behielten ihre Identität.
Der 1980 gegründete Chinesische Christenrat (CCC) versteht sich als Dachorganisation und Dienstleistungseinrichtung für die Protestanten in der Volksrepublik einschliesslich der drei evangelischen Denominationen die „Wahre Kirche Jesu“, die „Kleine Herde“ und die Siebenten-Tags-Adventisten, die sich nur partiell mit dem CCC verbunden fühlen. Diese drei Kirchen haben auch in der sogenannten „post-konfessionellen“ Einheitsphase weitgehend ihre theologische Unabhängigkeit bewahrt.
Während die Weltkirchenleitung (Generalkonferenz) der Adventisten schon seit Mitte der 1990er Jahre Kontakt mit dem CCC und der TSPM hat, war es 2010 das erste Mal, dass die beiden Organisationen Gäste zu einer adventistischen Weltsynode entsandten und anschliessend im Verwaltungssitz der Weltkirchenleitung in Silver Spring empfangen wurden. Bereits im Mai 2009 nahm Wilsons Vorgänger, Pastor Jan Paulsen, als erster Generalkonferenzpräsident eine Einladung in die Volksrepublik China wahr.