Führende Vertreter der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) haben scharfe Kritik an verallgemeinernden Aussagen in einer am 23. April vorgestellten Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KfN) geäussert und den Einsatz der VEF-Mitgliedskirchen für das Kindeswohl hervorgehoben. In der Forschungsarbeit über „Christliche Religiosität und elterliche Gewalt“ schlussfolgerten die Autoren um Professor Dr. Christian Pfeiffer, Eltern, die einer evangelischen Freikirche angehörten, würden ihre Kinder häufiger und mit zunehmender Religiosität auch härter körperlich bestrafen, als Eltern, die zu evangelischen Landeskirchen gehörten. VEF-Präsident Ansgar Hörsting betonte, gewaltfreie Erziehung sei in der VEF Konsens, und in den Mitgliedskirchen gebe es zahlreiche erfolgreiche Projekte, die sich für das Kindeswohl und gegen jede Form von Gewalt und Missbrauch an Kindern einsetzten: „Die von Professor Pfeiffer in Interviews vorgetragenen Beispiele für gewaltsame Erziehung sind uns zutiefst fremd.“ Zudem, so Hörsting weiter, sei die „freikirchliche Landschaft in Deutschland viel zu heterogen, als dass man alle Freikirchen über einen Kamm scheren“ könne.
Peter Jörgensen, Beauftragter der VEF am Sitz der Bundesregierung, hob das Interesse der Vereinigung an differenzierten Ergebnissen hervor: „Seit Jahren bieten wir dem Institut unsere Kooperation an.“ Kurz vor der Veröffentlichung habe das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsens KfN versprochen, für die notwendige Differenzierung zu sorgen, doch die Zusage sei nicht eingehalten worden: „Uns ist eine differenzierte Forschung vor allem deshalb so wichtig, weil sie dazu beitragen würde, tatsächlich an den richtigen Stellen Massnahmen zu ergreifen, um Kinder vor Übergriffen zu schützen. Dies ist aber anscheinend nicht vorwiegendes Interesse des KfN.“ Professor Pfeiffer sei bekannt für zugespitzte Thesen. Das schade allerdings dem Anliegen, basierend auf soliden und seriösen wissenschaftlichen Ergebnissen, gemeinsam etwas gegen häusliche Gewalt zu unternehmen.
Jörgensen nannte als Beispiele für erfolgreiche freikirchliche Kindes- und Jugendschutzkampagnen die Initiative „Sichere Gemeinde“ des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) und „Ein Notfallplan“ der Evangelisch-methodistischen Kirche.
Auch BEFG-Präsident Hartmut Riemenschneider kritisierte die verallgemeinernden Aussagen der Studie und wandte sich ausdrücklich gegen eine „unpräzise Begrifflichkeit“. So werde „evangelisch-freikirchlich“ in der Forschungsarbeit als Synonym für alle evangelischen Freikirchen verwendet, was schlicht falsch sei: „Es handelt sich nicht um einen Gattungsbegriff, sondern um einen Wortlaut aus dem Namen des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, einer Körperschaft, die sich ebenso wie alle VEF-Mitgliedskirchen von den beschriebenen gewaltsamen Erziehungspraktiken ausdrücklich distanziert.“
Der Vorsitzende der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland, Pastor Johannes Naether (Hannover), betonte, dass sich die Adventisten weltweit für das Wohl und den Wert von Kindern einsetzten, wie eine Stellungnahme der adventistischen Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) aus dem Jahr 2000 belege. Jedes Kind habe das Recht auf ein glückliches und sicheres Elternhaus. Dazu gehöre auch „das Recht auf Persönlichkeit, Respekt und die Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls“.
Adventisten betonten die Würde und den Wert jedes Menschen und verurteilten jegliche Form von körperlichem, sexuellem und emotionalem Missbrauch sowie von Gewalt in Familien. Naether bezog sich dabei auf die „Erklärung zu Missbrauch und Gewalt in der Familie“ der Generalkonferenz von 1995. Auch der Ausschuss der Freikirche in Deutschland habe sich 2011 ähnlich geäussert.
Die Vereinigung Evangelischer Freikirchen wurde 1926 gegründet. Ihr gehören zehn Mitglieds- und vier Gastkirchen an. Weitere Informationen: www.vef.de.