Mit vier Gottesdiensten unter freiem Himmel wurde am Abend des 1. Mai in der Hamburger Innenstadt der 34. Deutsche Evangelische Kirchentag eröffnet. Das Motto des Kirchentags „Soviel du brauchst“ erinnert an das Manna-Brot, das nach dem Zweiten Buch Mose vom Himmel fiel und das wandernde Volk Israel in der Wüste ernährte.
In einem Eröffnungsgottesdienst in der Speicherstadt wandte die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs die Bedeutung des Himmelsbrotes auf die gegenwärtige Gesellschaft an. „Viele Menschen sehen heute nichts von Gott. Sie sind fertig mit ihm. Aber Gott ist nicht fertig mit ihnen. Gott hört unseren Jammer, unsere Not, unseren Hunger“, sagte Bischöfin Fehrs vor 35.000 Menschen in dem „Gottesdienst in leichter und verständlicher Sprache“. Menschen sehnten sich nach Anerkennung, Liebesworten und Pausen. Sie hungerten danach, dass Gott sie in den Arm nehme und stille. Angesichts dieser Bedürfnisse sage Gott, „du und du und du, ich bin euer Gott“. Bischöfin Fehrs kritisierte eine Masslosigkeit im Umgang mit Gütern. „Das, was zu viel ist, verdirbt, den Charakter übrigens auch.“ Das hätten die Gesellschaft und die Erde aus dem Gleichgewicht gebracht.
Bundespräsident Joachim Gauck rief die Teilnehmer auf, mit dem Kirchentag eine Zeitansage zu versuchen und damit die Diskussion der gesellschaftlichen Probleme zu bereichern. „Das sollte die Gesellschaft zur Kenntnis nehmen und ernsthaft prüfen“, betonte der Bundespräsident.
Der Eröffnung ging traditionell eine Gedenkveranstaltung voraus, mit welcher der Kirchentag an die Deportation und Ermordung von Juden, Sinti und Roma sowie anderen Verfolgten des Nationalsozialismus erinnerte. Am historischen Startpunkt der Deportationszüge erinnerte Wolfgang Kopitzsch, Polizeipräsident von Hamburg, dass Polizeieinheiten der Hansestadt in Tschechien und Polen an rassistischer Verfolgung und Massenhinrichtungen beteiligt waren. Nach den Worten des Polizeipräsidenten stelle sich die Hamburger Polizei diesen Verbrechen als „negativem Eigentum“.
Zu dem fünftägigen Kirchentag mit 2.500 Podien, Workshops, Konzerten und geistlichen Veranstaltungen haben sich rund 117.000 Dauerteilnehmer angemeldet. Schwerpunktthemen seien ein verantwortungsvolles Wirtschaften, eine Teilhabe für alle Menschen sowie ein friedvolles Zusammenleben der Religionen und Kulturen. Erstmals trete zu dem Zentrum „Juden und Christen“ sowie zu der Podienreihe „Muslime und Christen“ ein Zentrum „Religiöse und kulturelle Vielfalt leben“ hinzu. Damit solle nach Veranstalterangaben das Miteinander von internationalen christlichen Gemeinden und nichtchristlichen Religionsgemeinschaften abgebildet werden, das in Hamburg Realität sei. Am Samstag, 4. Mai, beteiligt sich die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten an dieser Veranstaltungsreihe im Gemeindezentrum am Grindelberg 15 mit einem Gottesdienst „Sabbat, Abendmahl, Fusswaschung bei Adventisten“.