Alkoholika © Foto: Matthias Müller/churchphoto.de

Schweizer Alkoholpolitik: Geld statt Menschen im Zentrum der Debatte

Lausanne/Schweiz | 11.12.2013 | APD | Schweiz

Sucht Schweiz, die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme, fordert in einem Fazit aus alkoholpolitischer Sicht die Politik auf, die Marktinteressen zurückzuschrauben und Menschen mit Alkoholproblemen nicht die alleinige Verantwortung aufzubürden.

„Der Jahresrückblick auf die alkoholpolitische Debatte in der Schweiz fällt ernüchternd aus“, heisst es in der Medienmitteilung. Mit der Totalrevision des Alkoholgesetzes und der Diskussion um "Komatrinker", welche die Spitalkosten selbst tragen sollten, sei viel in Bewegung gekommen. Die Solidarität stehe in Gefahr und Marktinteressen sowie ideologische Argumente hätten Vorrang vor gesundheitspolitischen. Mit der Möglichkeit rund um die Uhr Billigstalkohol verkaufen zu können, schiesse die jetzige Vorlage zum Alkoholhandelsgesetz am ursprünglichen Ziel völlig vorbei. Das einzig positive bestehe darin, dass die Gesetze noch nicht verabschiedet seien.

Alkoholpolitische Spannungsfelder
Als alkoholpolitische Spannungsfelder ortet die Fachstelle persönliche versus gesellschaftliche Verantwortung, persönliche Freiheit versus Marktfreiheit sowie Schuld versus Unschuld bei Alkoholproblemen. Sucht Schweiz beobachte die Trends in der politischen Diskussion mit Sorge. So sei von persönlicher Verantwortung, Schuld und Freiheit viel die Rede. Sie fordere aber nachdrücklich auch eine gesellschaftliche Haltung, welche die Verantwortung für problematischen Alkoholkonsum nicht alleine auf das Individuum abschiebe, sondern die Gemeinschaft mit einbeziehe.

Neues Alkoholhandelsgesetz und Änderung des Krankenversicherungsgesetzes
Derzeit werden ein neues Alkoholhandelsgesetz und die Änderung des Krankenversicherungsgesetzes, zwei zentrale alkoholpolitische Geschäfte, auf nationaler Ebene vorbereitet.

Neues Alkoholhandelsgesetz
Das Alkoholgesetz will laut Zweckartikel den problematischen Konsum und alkoholbedingte Schäden reduzieren sowie die Jugend schützen. Laut Sucht Schweiz fehlten in der jetzigen Vorlage die wissenschaftlich fundierten, wirksamen Präventionsinstrumente. Dies sei ein Widerspruch, der nur damit erklärt werden könne, dass die Interessen der Alkoholindustrie den Gesetzgeber entscheidend beeinflussten. Es werde ein Steuersystem gesucht, das inländische Spirituosenproduzenten begünstige und dennoch rechtskonform sei.

Krankenversicherungsgesetz
Laut der Initiative von Nationalrat Toni Bortoluzzi (SVP) soll die medizinische Notversorgung, die bei exzessivem Alkoholkonsum notwendig werde, durch die Verursacher selber bezahlt werden, so Sucht Schweiz. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) sei Mitte 2013 auf einen entsprechenden Entwurf zur Änderung des Krankenversicherungsgesetzes eingetreten. Im Frühjahr 2014 werde die SGK-NR über die Vorlage befinden, welche anschliessend den interessierten Kreisen zur Vernehmlassung unterbreite werde.

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