Vor dem Hintergrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren hat die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) an das Schicksal der Kriegsdienstverweigerer und Deserteure erinnert. „Mehr als 30.000 Deserteure und Kriegsdienstverweigerer wurden in der Zeit des Zweiten Weltkriegs zum Tode verurteilt. Nach dem Krieg fanden die wenigen Überlebenden kaum Anerkennung, sondern wurden als Feiglinge und Vaterlandsverräter beschimpft und bedroht“, so der EAK-Bundesvorsitzende Dr. Christoph Münchow. Erst 2002 seien die Urteile gegen die Deserteure der Wehrmacht gesetzlich aufgehoben und die wenigen Überlebenden damit rehabilitiert worden.
„Für viele war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit Diskriminierung und Erniedrigung verbunden“, meinte der EAK-Vorsitzende. Dabei hätten sie auf ihr Gewissen gehört und sich geweigert, an einem mörderischen Angriffs- und Vernichtungskrieg teilzunehmen, und damit eine Form des Widerstands geleistet. Es wäre wichtig, dass seit mehr als zehn Jahren im KZ Buchenwald ein Gedenkstein an diese Menschen erinnere, denen viel Unrecht geschehen sei.
Nicht zuletzt durch die Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus sei im Grundgesetz das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen verankert. „Das ist gut so“, betonte Münchow. Allerdings seien Soldatinnen und Soldaten, die den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigerten, auch heute immer wieder Vorwürfen ausgesetzt. Dabei werde den Betroffenen unter anderem häufig unterstellt, dass ihre Anträge unglaubwürdig seien. „Anders ist nicht zu erklären, dass so viele Anträge auf Kriegsdienstverweigerung abgelehnt werden, obwohl die Soldatinnen und Soldaten in grosser Gewissensnot sind“, gab Christoph Münchow zu bedenken.
Auf Kritik stosse bei der EAK die heutige Behandlung der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung auch in anderer Hinsicht: Die Bearbeitung dauere häufig unverhältnismässig lange. Das scheine unter anderem daran zu liegen, dass Zuständigkeiten in der Personalbearbeitung innerhalb der Bundeswehr seit Aussetzung der Wehrpflicht teilweise nicht hinreichend geklärt seien. „Die Gewissensnot der Soldatinnen und Soldaten, die einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen, wird hier meines Erachtens nicht hinreichend ernst genommen“, kritisierte Münchow. Er forderte: „Wir dürfen als Gesellschaft nicht schweigend hinnehmen, dass ein Grundrecht Menschen so häufig aberkannt wird. Der Absatz drei des Artikels vier im Grundgesetz gilt.“
Um die nach wie vor aktuelle Frage der Kriegsdienstverweigerung wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, veranstaltet die EAK in Kooperation mit der Arbeitsstelle Frieden der Evangelischen Landeskirche in Baden und dem Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen am 24. September im badischen Bühl den Studientag „Kriegsdienstverweigerung: Situation und Perspektiven in Deutschland und international“. Informationen unter www.eak-online.de
Zum 75. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs ruft die EAK auch zu ökumenischen Friedensgebeten am 1. September auf. Dazu hat die evangelische Friedensorganisation Textvorschläge für Gottesdienste und Andachten erarbeitet, die auf der Homepage der EKD abgerufen werden können (http://www.ekd.de/download/mek_fuerbittgebet_eak.pdf). Christoph Münchow: „Die Toten des Zweiten Weltkriegs mahnen, für den Frieden zu leben.“
Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) ist der Dachverband für jene, die in den evangelischen Landeskirchen und Freikirchen für Fragen der Kriegsdienstverweigerung (KDV) und Friedensarbeit zuständig sind. Bundesvorsitzender der EAK ist Oberlandeskirchenrat i.R. Dr. Christoph Münchow. Die EAK ist Teil der Friedensarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland und beschäftigt sich mit Fragen der Friedenstheologie, Friedensethik, Friedens- und Gewissensbildung und Friedenspolitik.