Der Vatikan hatte am 18. Dezember 2023 das Dokument „Fiducia supplicans über die pastorale Sinngebung von Segnungen“ vom Dikasterium für die Glaubenslehre, als oberste Glaubensbehörde der römisch-katholischen Kirche, veröffentlicht. Dazu hat das Glaubensdikasterium am 4. Januar 2024 eine Pressemitteilung mit Klarstellungen herausgegeben. In ihr wird die Kritik vor allem von afrikanischen Bischöfen der katholischen Kirche an der Segenserlaubnis für „irreguläre“ Paare aufgegriffen. Es wird festgestellt, dass die Bischöfe Priestern nicht pauschal verbieten können, homosexuelle Paare oder solche in zivilen Zweitehen informell zu segnen. Der Segensakt sei keine Lossprechung, und ihn zu erlauben keine Häresie (abweichende Lehre).
Katholische Lehre zu Ehe unverändert
Was von einigen katholischen Bischofskonferenzen zur Erklärung „Fiducia supplicans“ zum Ausdruck gebracht wurde, könne nicht als lehrmässige Opposition interpretiert werden, denn das Dokument sei klar und drücke sich in klassischer Weise zu Ehe und Sexualität aus. In der Präsentation zur Erklärung „Fiducia supplicans“ sei ausdrücklich betont worden, die „Erklärung bleibt fest bei der überlieferten Lehre der Kirche über die Ehe stehen und lässt keine Art von liturgischem Ritus oder diesem ähnliche Segnungen zu, die Verwirrung stiften könnten“. Es gehe darum, gegenüber Paaren in irregulären Beziehungen zu handeln, „ohne deren Status offiziell zu konvalidieren [gültig zu machen] oder die beständige Lehre der Kirche über die Ehe in irgendeiner Weise zu verändern.“
Daher seien Riten und Gebete, die Verwirrung stiften könnten zwischen dem, was für die Ehe konstitutiv (bestimmend) sei, nämlich die „ausschliessliche, dauerhafte und unauflösliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die von Natur aus offen ist für die Zeugung von Kindern“, und dem, was dem widerspricht, unzulässig. Diese Überzeugung gründe sich auf die beständige katholische Lehre von der Ehe. Nur in diesem Zusammenhang fänden die sexuellen Beziehungen ihren natürlichen, angemessenen und vollständig menschlichen Sinn. „Die Lehre der Kirche hält an diesem Punkt unverändert fest.“ Deshalb sei die Kirche nicht befugt, gleichgeschlechtlichen Verbindungen den rituellen Segen zu erteilen
(siehe auch: https://apd.media/news/archiv/15983.html).
Das Neue
Das eigentliche Neue an der Erklärung „Fiducia supplicans“ sei die Aufforderung, zwischen zwei verschiedenen Formen von Segnung zu unterscheiden, nämlich der „liturgischen oder rituellen“ und der eher „spontanen oder seelsorgerisch motivierten“. Auch wenn einige Bischöfe es für klug erachteten, seelsorgerliche Segnungen vorläufig nicht zu erteilen, „so müssen wir doch alle in der Überzeugung wachsen, dass nicht ritualisierte Segnungen keine Weihe der sie empfangenden Personen oder des Paares sind, und dass sie keine Rechtfertigung für alle ihre Handlungen sind und sie keine Bestätigung für das von ihm geführte Leben darstellen.“
Konkretes Beispiel
In deutlicher Unterscheidung zu liturgischen bzw. rituellen Segnungen sollten „Segnungen aus pastoraler Fürsorge“ vor allem sehr kurz sein. Es handle sich um Segnungen von einer Dauer weniger Sekunden, ohne Ritual und ohne Benediktionale (Messbücher). Als konkretes Beispiel wurde in der Pressemitteilung genannt: „Stellen wir uns vor, dass inmitten einer grossen Wallfahrt ein geschiedenes Ehepaar in einer neuen Verbindung zum Priester kommt: ‚Bitte gib uns einen Segen, wir finden keine Arbeit, er ist sehr krank, wir haben kein Haus, das Leben wird sehr beschwerlich: Gott möge uns beistehen!‘.“
In diesem Fall könne der Priester ein einfaches Gebet wie das folgende sprechen: „Herr, schau auf diese deine Kinder, gib ihnen Gesundheit, Arbeit, Frieden und gegenseitige Hilfe. Befreie sie von allem, was deinem Evangelium widerspricht, und gib ihnen, dass sie nach deinem Willen leben. Amen“. Und er schliesst mit dem Kreuzzeichen über einen jeden von ihnen. „Es ist eine Angelegenheit von 10 oder 15 Sekunden.“
Diese nicht ritualisierte Form der Segnung erhebe in ihrer Einfachheit und Kürze nicht den Anspruch das zu rechtfertigen, was moralisch nicht vertretbar sei. Ganz offensichtlich handele es sich nicht um eine Eheschliessung, aber auch nicht um eine „Approbation“ (Genehmigung) oder Ratifizierung von irgendetwas. Es gehe lediglich um die Antwort eines Hirten auf die Bitte zweier Menschen um Gottes Hilfe. Deshalb stelle der Priester in diesem Fall keine Bedingungen und wolle auch nichts über das Intimleben dieser Menschen erfahren.
Missverständnisse vermeiden
Um Missverständnissen vorzubeugen, füge die Erklärung „Fiducia supplicans“ hinzu, dass, wenn der Segen von einem Paar in einer irregulären Situation erbeten wird „und dies ausserhalb der von den liturgischen Büchern vorgeschriebenen Formulare geschieht, wird ein solcher Segen niemals im direkten Zusammenhang mit einer standesamtlichen Feier, oder sonst in irgendeiner Verbindung damit, erteilt werden können. Dies gilt auch für die Kleidung, die Gesten und die Worte, die Ausdruck für eine Ehe sind. Dasselbe gilt, wenn die Segnung von einem gleichgeschlechtlichen Paar erbeten wird.“ Es sei daher klar, dass diese Segnung nicht an einem wichtigen Platz im Kirchengebäude oder vor dem Altar stattfinden sollte, denn auch dies würde Verwirrung stiften.
Aus diesem Grund sei jeder Bischof in seiner Diözese durch die Erklärung „Fiducia supplicans“ ermächtigt, diese Art von einfachem Segen zu erteilen, verbunden mit allen Empfehlungen zur Vorsicht und Sorgfalt, aber keinesfalls wäre er befugt, Segnungen vorzuschlagen oder zu erteilen, die einer liturgischen Feier ähneln könnten.
Kein Häretiker
An manchen Orten scheine eine Katechese (Unterweisung) erforderlich dahin gerichtet, allen klarzumachen, dass diese Art von Segnungen keine Bestätigung der Lebensführung derjenigen darstelle, die einen solchen Segen erbitten, wird in der Pressemitteilung betont. Noch weniger bedeute ein solcher Segen eine Absolution, denn diese Segenshandlungen seien weit davon entfernt, ein Sakrament oder ein Ritus zu sein. Sie wären einfache Ausdrucksformen pastoraler Nähe, die nicht die gleichen Anforderungen stellten wie ein Sakrament oder ein formeller Ritus. „Wir werden uns alle daran gewöhnen müssen, die Tatsache zu akzeptieren, dass ein Priester, der diese Art von einfachen Segnungen erteilt, kein Häretiker ist, nichts ratifiziert und die katholische Lehre nicht leugnet.“
Shortlink zur Pressemitteilung der vatikanischen Glaubensbehörde: https://t.ly/AxFcL