Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und das Erzbistum Berlin haben Verfassungsbeschwerden gegen das Ladenöffnungsgesetz des Landes Berlin beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Beschwerden der Landeskirche und des Erzbistums richten sich gegen die Ladenöffnung an bis zu zehn Sonntagen einschliesslich der vier Adventssonntage pro Jahr in Berlin. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unterstützt die Beschwerden.
"Der Sonn- und Feiertagsschutz ist ein hohes Verfassungsgut. Anders als in vielen Staaten sei im Grundgesetz der Sonntag geschützt. Er dient der freien Religionsausübung, aber auch der Erholung und des Ausgleichs vom Alltag. Dieses hohe Verfassungsgut darf um der Menschen willen nicht leichtfertig für ökonomische Belange aufs Spiel gesetzt werden," erklärte der Leiter der Rechtsabteilung und Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes, Burkhard Guntau. Zudem müsse der Schutz der Sonn- und Feiertage "im unmittelbaren Zusammenhang mit der Religionsfreiheit (Artikel 4) betrachtet werden". Der Sonntag sei als Tag des Gottesdienstes, der Musse und der Besinnung zu erhalten. "Beim Sonntagsschutz geht es um die Bewahrung einer wichtigen sozialen Institution, um die kulturelle Qualität des Zusammenlebens, um den Raum für die Freiheit der Religion." Die Kirchenkonferenz, die aus den Leitungen der EKD-Gliedkirchen gebildet wird, habe bereits frühzeitig die Unterstützung der Verfassungsbeschwerde durch die Berliner Landeskirche zugesagt.
Mit der Aushöhlung des Sonntagsschutzes, der im Grundgesetz durch Artikel 140 in Aufnahme von Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erbauung verfassungsrechtlich verbürgt sei, verstosse der Berliner Gesetzgeber nach der Überzeugung der Kirchen gegen das Grundgesetz. Da Sonn- und Feiertage durch die Verfassung geschützt seien, könne die Aufhebung des Sonntagsschutzes an bis zu zehn Sonntagen im Jahr durch das Abgeordnetenhaus von Berlin keinen Bestand haben.
Besonders eklatant zeige sich der Verfassungsverstoss daran, dass alle Adventssonntage für die Ladenöffnung frei gegeben werden; daraus ergebe sich, dass im Dezember die Freigabe des Sonntags für den Handel die Regel, sein Schutz dagegen die Ausnahme sei.
Der katholische Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky betonte, der Sonntag sei schon seit 1700 Jahren als religiöser Ruhetag Bestandteil abendländischer Kultur.
Die beiden klagenden Kirchen weisen darauf hin, dass der Schutz der Sonn- und Feiertage im unmittelbaren Zusammenhang mit der Religionsfreiheit (Art. 4 des Grundgesetzes) betrachtet werden müsse. Wenn eine Erweiterung der Öffnungszeiten zwischen Montag und Samstag mit den berechtigten Interessen der Beschäftigten vereinbar sei, könne dadurch den Kundeninteressen in ausreichendem Mass Rechnung getragen werden. Sonn- und Feiertage müssten hingegen der Verfassungsvorschrift entsprechend den nötigen Freiraum für Arbeitsruhe und Musse, für Gottesdienst und familiäre Begegnung bieten. Die Absicht, den Schutz der Sonn- und Feiertage wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen, könne nicht hingenommen werden und sei in der Verfassung ausdrücklich nicht vorgesehen.