Die iranische Justiz hat nach Angaben der Religionsgemeinschaft der Bahá’í sieben ihrer Mitglieder zu 20-jährigen Haftstrafen verurteilt. Die Behörden hätten die Anwälte der Verurteilten am 8. August mündlich über die Strafe informiert, sagte eine Sprecherin der französischen Vertretung der Bahá’í in Paris. Die Anwälte der Verurteilten wollten jetzt Berufung einlegen, auch um Zugang zu den schriftlichen Urteilen zu bekommen.
Den sieben Führungsmitgliedern der Bahá’íwird Spionage, Zusammenarbeit mit Israel und eine „Verschwörung gegen die nationale Sicherheit“ vorgeworfen. Die Europäische Union (EU) und die USA hatten das Vorgehen scharf kritisiert und Teheran zur Beachtung der Religionsfreiheit aufgefordert. Die zwei Frauen und fünf Männer sind seit ihrer Verhaftung im Jahre 2008 im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert, mehrere Monate davon in Isolationshaft.
Der Beauftragte der deutschen Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Markus Löning, sagte zur Verurteilung: "Die Haftstrafen gegen die Bahá"i-Führungsmitglieder sind ein herber Rückschlag für alle, die sich für Menschenwürde und Menschenrechte in Iran einsetzen. Es bestehen erhebliche Zweifel daran, dass während des Verfahrens grundlegende Justizgrundrechte gewahrt worden sind. Ich appelliere daher mit Nachdruck an die zuständigen Stellen in Iran, das gestrige Urteil aufzuheben und für ein faires und transparentes Gerichtsverfahren Sorge zu tragen."
Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Minderheitenschutz und rechtsstaatliche Verfahren zählten zu denjenigen internationalen Verpflichtungen, zu deren Einhaltung sich der Iran verpflichtet habe, so Löning.
Die deutsche Bundesregierung beobachte die Lage der Bahá’í in Iran seit langem mit Sorge und setze sich zusammen mit den EU-Partnern kontinuierlich für eine Verbesserung ihrer Situation sowie für Meinungs- und Religionsfreiheit in Iran ein.
Die österreichische Bahai- Gemeinde zeigte sich über das Urteil "schockiert". "Die sieben Bahai sind ausschliesslich wegen ihrer Religion verurteilt und haben alle Anklagepunkte entschieden zurückgewiesen", betonte Ottilie Käfer, Pressesprecherin der Bahai- Religionsgemeinschaft in Österreich.
Die Bahá’í-Religion hat weltweit rund fünf Millionen Anhänger, davon rund 300.000 im Iran. Sie gelten dort als "Abtrünnige" des Islam und sind seit der islamischen Revolution 1979 in ihren staatsbürgerlichen Rechten beschränkt. Teheran betrachtet auch mit grossem Misstrauen, dass die Bahá’í ihr Hauptquartier im israelischen Haifa unterhalten.
Die Bahá’í-Religion wurde im 19. Jahrhundert von den Persern Sayyid Ali Muhammad (1819- 1850), genannt Bab ("das Tor"), und seinem Nachfolger Husayin Al Nuri, genannt Bahaullah (1817- 1892), gegründet. Die monotheistische Religion ist im Iran nicht anerkannt und wird von orthodoxen Muslimen als "Abfall vom Islam" angesehen. Hauptstreitpunkt ist das Konzept der "fortschreitenden Offenbarung" in der Bahá’í- Religion, die den islamischen Propheten Mohammed nicht als letzten und definitiven Propheten anerkennt und ausserdem von einer "mystischen Einheit" der Religionen ausgeht.