Mit einem Aufruf, das Christentum glaubwürdig zu leben, schloss der dritte Lausanner Kongress für Weltevangelisation in Kapstadt/Südafrika. An der Tagung vom 16. bis 25. Oktober nahmen rund 4.200 evangelikale Führungskräfte und Missionsexperten aus 198 Ländern teil. Zum Abschluss wurde der erste Teil der sogenannten „Kapstadt-Verpflichtung“ präsentiert. In diesem Text wird die umfassende und weitreichende Wirkung des Evangeliums erläutert. Ausgehend von der Liebe Gottes spricht das Dokument von der Bedeutung der Liebe im Christentum: der Liebe zum Nächsten, zur Bibel, zur Welt und zur Mission. Das 20-seitige Dokument soll bis Ende 2010 ergänzt werden und die Prioritäten der Kirche in der Mission erläutern.
Der internationale Direktor der Lausanner Bewegung, Lindsay Brown, forderte in seiner Predigt am Ende des Kongresses, dass die Verkündigung der Christen mit ihrem Lebensstil in Übereinstimmung sein müsse. Der britische Theologe und Vorsitzende der theologischen Arbeitsgruppe der Lausanner Bewegung, Chris Wright, sprach in seinem Vortrag sogar von einer notwendigen „neuen Reformation“ der Evangelikalen, damit die Glaubwürdigkeit des Evangeliums wieder gestärkt werde. Er beklagte, dass es manchen Leitern evangelikaler Missionswerke mehr um Einfluss, Erfolg und Geld, als um die Evangeliumsbotschaft Jesu gehe. Um Spenden zu erhalten, schönten einige Missionswerke ihre Statistik, so Wright. Zwar komme die Botschaft, dass der Glaube an Jesus zu materiellem Besitz, Erfolg und Gesundheit führe, besonders in Afrika gut an, stellte Femi Adeleye, Generalsekretär der Internationalen Gemeinschaft evangelikaler Studenten, fest, doch dieses „Wohlstandsevangelium“ habe nichts mit dem eigentlichen Anliegen Christi zu tun. Es grenze vielmehr die Leidenden, Kranken und Armen aus, um die sich Jesus in besonderer Weise gekümmert habe.
Der Kongress für Weltevangelisation wurde in Kapstadt von der Lausanner Bewegung und der Weltweiten Evangelischen Allianz veranstaltet. Die Lausanner Bewegung geht auf den Internationalen Kongress für Weltevangelisation 1974 in Lausanne/Schweiz zurück, bei dem es unter der Führung des US-amerikanischen Evangelisten Billy Graham zur „Lausanner Verpflichtung“ kam, die „unvollendete Aufgabe“ der weltweiten Evangeliumsverkündigung zu Ende zu führen. Beim zweiten Kongress für Weltevangelisation 1989 in der philippinischen Hauptstadt Manila ging es in dem dort verabschiedeten „Manifest“ neben der Evangelisation auch um die soziale Verpflichtung der Christen. Auch in Kapstadt standen Themen, wie Bekämpfung der Armut, Bewahrung der Schöpfung, Umgang mit Aids, Kampf gegen Menschenhandel und Einsatz für die Religionsfreiheit, auf dem Programm.
Die Weltweite Evangelische Allianz ist ein evangelikal ausgerichtetes Netzwerk von 128 nationalen und regionalen Evangelischen Allianzen, die jeweils aus verschiedenen reformatorischen Kirchen, Organisationen und Einzelpersonen gebildet werden. Sie vertritt nach eigenen Angaben weltweit rund 420 Millionen Christen und geht auf das Jahr 1846 zurück.
Am dritten Lausanner Kongress für Weltevangelisation in Kapstadt beteiligten sich Anglikaner, Lutheraner, Reformierte, Methodisten, Baptisten, Pfingstler und kleinere unabhängige Freikirchen. Als Beobachter nahmen Vertreter des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), der römisch-katholischen Kirche, verschiedener orthodoxer Kirchen und der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten teil.
Die Adventisten entsandten Pastor A. Ganoune Diop , Direktor der Studienzentren für Globale Mission, und Linda Koh, Direktorin der Abteilung Kinder der adventistischen Weltkirchenleitung, nach Kapstadt. Diop war bereits Mitglied im Vorbereitungsausschuss der Jubiläumsveranstaltung „Edinburgh 2010", die im Juni in der schottischen Hauptstadt zur Erinnerung an die dortige Weltmissionskonferenz 1910 stattfand. Schon vor einhundert Jahren habe seine Kirche mit Ludwig Richard Conradi, dem Präsidenten der Adventisten in Europa, W. J. Fitsgerald, dem Präsidenten der Freikirche in Grossbritannien und William A. Spicer, dem Generalsekretär der adventistischen Weltkirchenleitung, hochrangige Vertreter nach Edinburgh delegiert, teilte Diop mit.
Der Auftrag Jesu, das Evangelium in aller Welt zu verkündigen, sei laut Pastor Diop für Adventisten immer ein sehr dringliches Anliegen gewesen. Im vergangenen Jahrhundert habe es innerhalb der Kirchen viele Auseinandersetzungen über die Beziehung zwischen Evangelisation und sozialem Engagement in der Mission gegeben. Häufig seien dabei extreme Positionen vertreten worden. „Adventisten haben sich in der Regel an diesen Debatten nicht beteiligt, da sie der Überzeugung sind, dass Missionsbemühungen nach dem Vorbild Christi die sozialen, menschlichen Bedürfnisse ansprechen und dann zur Umkehr aufrufen müssen.“ Diese ganzheitliche Sicht der Mission werde heute auch von vielen anderen Christen vertreten, hob Diop hervor.