Professor am Menschenrechtsforum: „Flüchtlinge verderben den Spass in Europa!“

Luzern/Schweiz | 24.05.2011 | APD | Schweiz

„Flüchtlinge verderben den Spass in Europa“, sagte Prof. Dr. K. P. Fritzsche am 24. Mai an der Expertendiskussion „Europa als Festung?“ am 8. Internationalen Menschenrechtsforum (IHRF), das vom 24. – 25. Mai im Verkehrshaus Luzern stattfindet.

Fachleute diskutierten am IHRF-Podium Menschenrechtsfragen im Zusammenhang der europäischen Migrationspolitik. „Wir brauchen eine krisenresistente und nicht eine Ökonomie kompatible Menschenrechtspolitik“, sagte der Professor der Otto-von-Guericke Universität, Magdeburg/Deutschland, hinsichtlich des absehbaren Arbeitskräftemangels und Pflegenotstands, der zunehmend älter werdenden Bevölkerung und der damit wachsenden Erkenntnis in europäischen Gesellschaften, dass Migration zur Wahrung des Wohlstandes nützlich sein könnte.

Urs. W. Studer, Stadtpräsident Luzern, thematisierte bereits in seinem Grusswort an die rund 300 meist jugendlichen Teilnehmenden des Forums, unter dem Motto „Menschenrechte und Migration“, die Bedrohung und Instrumentalisierung der Menschenrechte. Deren Beachtung drohe im gesellschaftlichen Alltag unterzugehen, beziehungsweise den nationalstaatlichen Interessen geopfert zu werden, so Studer.

Unter Migration verstehe man die grenzüberschreitende Wanderung von Menschen, die freiwillig oder erzwungen sein kann, sagte Thomas Kirchschläger, Co-Leiter des Zentrums für Menschenrechtsbildung (ZMRB) an der Pädagogischen Hochschule in der Forumseinführung. Die Menschenrechte stellten einen Schutzmechanismus für alle Menschen dar, auch für die Migranten und nicht nur für die Bürger eines Staates, so Kirchschläger. „Migration ist ein Menschenrecht und kann deshalb nie illegal sein“, unterstrich sein Bruder, Dr. Peter G. Kirchschläger, Co-Leiter des Zentrums für Menschenrechtsbildung.

Menschenunwürdige Nothilfe

Denise Graf, Mitarbeiterin von Amnesty Schweiz © Foto: APD Schweiz

„Menschenunwürdiges Verhalten ist das, was sie in ihrer Würde verletzen würde“, sagte Denise Graf, die bei Amnesty International die Menschenrechtsarbeit zur Schweiz betreut. Sie löste mit ihrem Einblick in die Nothilfe, wie sie in den Kantonen umgesetzt wird, unter den Forumsteilnehmern Betroffenheit aus: Nothilfe sei als Überbrückungshilfe konzipiert, die unabhängig vom Verhalten der betroffenen Person gewährt werden müsse. Je nach Kanton werde 4.50 bis 12.00 Franken pro Tag und Person für alle Bedürfnisse ausgerichtet, meist nicht in bar, sondern als Coop- oder Migros-Gutscheine. Dieses Vorgehen lasse den Nothilfeempfängern keinen Spielraum, Geld zu sparen, um Fahrkarten zu kaufen und von den abgelegenen und tristen Unterkünften in Zentren zu fahren, um soziale Kontakte zu pflegen. Gemäss Graf habe diese Praktik zum Ziel, die Nothilfeempfänger zu zermürben, abzuschrecken und den Druck für eine freiwillige Rückkehr zu erhöhen.

In der ersten Jahreshälfte 2010 hätten in der Schweiz 7.000 Personen Nothilfe bezogen, 25 Prozent davon seien Altfälle, die seit mehr als drei Jahren unterstützt würden, führte die Amnesty Mitarbeiterin aus. Unter den Langzeitbezügern von Nothilfe seien psychische und psychosomatische Krankheiten verbreitet, Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit, Unsicherheit, Isolation, Passivität, Apathie und Unfähigkeit, an einem Rückkehrprojekt zu arbeiten.

Nach Angaben von Graf seien von den 7.000 Nothilfe-Empfängern in der Schweiz knapp 1.000 unter 15-jährig und 2.000 Frauen gewesen. Auch Personen, die bereit seien, freiwillig auszureisen und auf die Beschaffung ihrer Papiere warteten, müssten unter Nothilfe leben. Frauen erhielten keine zusätzlichen Hygienemittel und Familien keine Mittel für den Kauf von Windeln. Es handle sich bei Nothilfe aus ihrer Sicht um extreme Schikanen und künstlich geschaffenes Elend, das menschenunwürdig sei.

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