Integration als Aufgabe der protestantischen Kirchen Europas

Rüdlingen/Schweiz | 04.05.2012 | APD | Schweiz

Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) lebe von einem kontinuierlichen Integrationsprozess: „Einheit in versöhnter Verschiedenheit ist nicht Skandal der Trennung, sondern Reichtum der Vielfalt“, so der Präsident der GEKE, Thomas Wipf, in seiner Eröffnungsansprache zur 49. Jahrestagung des Evangelischen Arbeitskreises für Konfessionskunde in Europa (EAKE) in Rüdlingen im Schweizer Kanton Schaffhausen. Der Schweizer Theologe Wipf beschrieb die evangelischen Kirchen Europas als „ständige reformatorische Erneuerungsbewegung“.

Die „monokonfessionalistische Parzellierung“ der deutschen kirchlichen Landschaft sei erst im 20. Jahrhundert gebrochen worden. Seit 2005 gelte Deutschland offiziell als „Einwanderungsland“. Nicht mehr der Umgang mit „Gastarbeitern“ stehe damit im Fokus, sondern die Entwicklung einer durch Migration geprägten Gesellschaft. „Die Kirche unserer Zeit ist Kirche in einer Einwanderungsgesellschaft. Aber ist sie auch eine Einwanderungskirche?“ Mit dieser Frage befasst sich Dietmar Burkhardt in einem Forschungsprojekt in Frankfurt/Main. Kirche habe sich, so der Theologe, zu lange nur mit diakonischen Fragen der Flüchtlingsarbeit beschäftigt, ohne sich gezielt der Integration evangelischer Migranten in evangelische Gemeinden zu widmen. Dabei begegne Burkhardt in seinem Forschungsfeld immer wieder dem Phänomen einer „Re-Mission“. Protestanten fremder Herkunft brächten religiöse Praktiken wieder in deutsche Gemeinden, die einst von hier aus in die Mission gegangen seien.

Annemarie Dupré von der Waldenser-Kirche gründete den „Servizio Rifugiati e Migranti“, der vom Bund Evangelischer Kirchen in Italien (FCEI) getragen wird, als zentralen Hilfsdienst für Flüchtlingsarbeit und politische Information zum Thema Migration. „Seit Jahren haben wir Gott gebeten, dass Menschen in unsere kleine Waldenserkirche finden mögen. Er hat unsere Bitte auf ungeahnte Weise erhört. Nun sind wir herausgefordert, gemeinsam mit Migranten Kirche zu sein.“ Die Juristin schilderte ihre Erfahrungen mit Migration in Italien: „Religion spielt in der Kultur der meisten Flüchtlinge eine grosse Rolle – sie ist oft sogar entscheidend für die Wahl des Ziellandes.“ Zentrale Aufgabe der Kirchen sei es daher, Menschen Beheimatung und Beteiligung zu bieten. Migranten gestalteten ihre neue Heimat mit.

Integration sei aus theologischer Perspektive eine doppelte Aufgabe, so Paul Metzger. Die biblische Geschichte sei von Wanderungs-, Flucht- und Integrationserfahrungen geprägt: Von der Vertreibung aus dem Paradies, der Zerstreuung nach dem Turmbau zu Babel bis zur identitätsstiftenden Erfahrung des Exodus des Volkes Israel aus Ägypten wären Menschen aus Hunger, Not und Gefahr auf Wanderung und der Suche nach einer neuen Heimat. Andererseits, so der Catholica-Referent am Konfessionskundlichen Institut Bensheim, sei die christliche Grundannahme die Einwanderung Gottes in das Leben der Menschen. Gott komme in die menschliche Wirklichkeit.

Während der Tagung wurden auch Projekte im Kanton Schaffhausen besucht. Es referierten Experten für Schulwesen, Sozialdienste und Projekte in Wohngebieten mit hohem Migrantenanteil. Die Delegierten des Arbeitskreises für Konfessionskunde in Europa aus zwölf europäischen Ländern berichteten über ihre Erfahrungen mit Ein- und Auswanderung und wie die Kirchen damit umgehen würden.

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