Nach Veröffentlichung des 528 Seiten umfassenden Katechismus der Neuapostolischen Kirche Anfang Dezember 2012 wurde er am 10. Januar in Zürich am Sitz der Neuapostolischen Kirche International und am 14. Januar in Frankfurt/Main im kircheneigenen Bischoff Verlag Vertretern von Kirchen und Medien vorgestellt. Die Vorstellung erfolgte durch Bezirksapostel Bernd Koberstein, dem zuständigen Referenten der Koordinationsgruppe der Neuapostolischen Kirche International für den Katechismus, Apostel Volker Kühnle, Leiter der Arbeitsgruppe „Kontakte zu anderen Konfessionen und Religionen“, und Apostel Heinz Lang, Leiter der neuapostolischen Delegation der ökumenischen Gespräche mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK). In Frankfurt/Main waren auch die Apostel Gert Opdenplatz und Rolf Wosnitzka mit dabei.
In einem einleitenden Vortrag erläuterte Bezirksapostel Koberstein mit fünf Punkten, welche Forderungen die Neuapostolische Kirche an ihren Katechismus gestellt habe. Primär müsse er den eigenen Glauben verbindlich zur Sprache bringen. Gleichzeitig solle das Werk, so der zweite Punkt, die Einbettung der Neuapostolischen Kirche in das Christentum deutlich machen. Drittens gehe es im Katechismus auch darum, das neuapostolische Profil hervortreten zu lassen. „Diese klare Positionierung ist nicht zuletzt unerlässlich für den ökumenischen Dialog“, betonte der Bezirksapostel. Nur wenn die Standpunkte eindeutig seien, lasse sich über sie diskutieren. Die Neuapostolische Kirche habe als Bereicherung in den ökumenischen Dialog wesentliche Aspekte einzubringen. Dabei nannte Koberstein die Stichworte „Apostolizität“, „Petrusdienst im Amt des Stammapostels“, „Erwartung der Wiederkunft Christi zur Heimholung der Brautgemeinde“ und „die Lehre vom Entschlafenenwesen“.
Der Katechismus müsse aber auch der Wahrheit verpflichtet sein, so die vierte Forderung an das Grundlagenwerk über den neuapostolischen Glauben. Ein Katechismus sei kein „Kompromisspapier“, unterstrich der Bezirksapostel: „Er bringt Glaubenssätze eindeutig zur Sprache. Insofern müssen viele Aussagen im Katechismus quasi dogmatischen Charakter haben.“ Als fünften und letzten Punkt führte Koberstein an, dass der Katechismus dem Grundsatz verpflichtet bleibe, andere Denominationen nicht anzugreifen oder herabzuwürdigen. „Ein Katechismus muss immer zueinander führen.“ Dabei bedeute eine Abgrenzung nicht gleich eine Herabwürdigung.
„Die Neuapostolische Kirche hat in den letzten Jahren einen beachtlichen Lernprozess durchlaufen.“ Für den Katechismus sei es wichtig gewesen, in der Christenheit allgemein bekannte Begriffe auch mit gleichen Inhalten zu füllen. Hier habe es teilweise auch eine Änderung der eigenen Denkstrukturen gegeben. Der Katechismus sei aber nicht in Beton gegossen, sondern auf Papier geschrieben. Er wäre weder inhaltlich unantastbar noch thematisch vollständig, hob der Bezirksapostel hervor. Es fehlten beispielsweise Ausführungen zur Schöpfungstheologie und zur Frauenordination.
Apostel Volker Kühnle formulierte in seiner Ansprache bei der Vorstellung in Frankfurt/Main das Ziel der Neuapostolischen Kirche nach Erscheinen des Katechismus: „Wir streben einen Gaststatus in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) an.“ Damit wolle die Kirche die apostolische Stimme stärken. Angesichts der Vielfalt der christlichen Freikirchen in der ACK müsste dort auch Platz für die Neuapostolische Kirche sein. In einigen lokalen ACKs in Deutschland und in der Schweiz hätten neuapostolische Gemeinden bereits solch eine Gastmitgliedschaft.
„Mit diesem Katechismus unterstreichen wir auch unseren wiederholten Wunsch, aktiv im Kreis der Kirchen und christlichen Gemeinden mitzuwirken“, betonte auch der internationale Kirchensprecher, Bischof Peter Johanning. In der Bewertung der neuapostolischen Lehre sollten dieselben Massstäbe angelegt werden, wie dies auch für andere, bereits in der ACK mitwirkenden Kirchen üblich seien.
Bereits im Dezember hat Pfarrer Dr. Walter Fleischmann-Bisten, Leiter und Freikirchlicher Referent des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes in Bensheim/Deutschland, hinsichtlich des Katechismus darauf hingewiesen, dass die von der Neuapostolischen Kirche offensichtlich gewollten ökumenischen Gespräche durch eine Reihe neuapostolischer Sonderlehren belastet würden. Denn durch den Katechismus „werden eine Art exklusives Heilsverständnis und mit der Heiligen Schrift unvereinbare Lehren jetzt bestätigt“.
Sonderlehren würden allerdings alle christlichen Konfessionen und Kirchen kennen, die zu einem erheblichen Teil auch deren Selbstverständnis ausmachten. Sie könnten eine ökumenische Bereicherung im gegenseitigen Verstehens- und Lernprozess sein und gemeinsam nach der biblischen Begründung und dem Fundament der christlichen Wahrheit suchen lassen, schlussfolgerte Pfarrer Fleischmann-Bisten. Die entscheidenden Fragen seien aber: „Werden Sonderlehren vertreten, die der eigenen Gemeinschaft oder einzelnen ihrer Mitglieder eine ausschliessliche Stellung im Heilsgeschehen einräumen, und gibt es Sonderlehren, die keinerlei Wurzeln in der biblischen Botschaft haben?“
So sehr der Wunsch und der Wille der Neuapostolischen Kirche zu einem ökumenischen Dialog durch den neuen Katechismus bestärkt worden sei, so klar müsse die Schwierigkeit eines solchen Prozesses gesehen werden. „Für alle daran Interessierten und Beteiligten wird es ein hartes Ringen um die Auslegung der biblischen Botschaft sein müssen“, hob der Leiter des Konfessionskundlichen Instituts hervor.
Weltweit bekennen sich über zehn Millionen Menschen zum neuapostolischen Glauben. In Deutschland sind es etwa 350.000.