Der methodistische Pfarrer, Befreiungstheologe und frühere Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Emilio Castro, ist am 6. April in Montevideo (Uruguay) verstorben.
Castro amtierte von 1985 bis 1992 als Generalsekretär des in Genf ansässigen Weltkirchenrates. Der 1927 in Uruguay geborene Methodist prägte die ökumenische Arbeit durch Akzente, die er aus der Theologie der Befreiung einbrachte. Mit wortgewaltigen Predigten und prononcierten sozialethischen Forderungen nach Erneuerung der internationalen Ökonomie und Politik machte er in den Kirchen auf sich aufmerksam, erfuhr dadurch aber auch scharfen Widerspruch konservativer und wirtschaftsliberaler Kreise.
Der katholisch getaufte Castro studierte nach Erlangung seiner Hochschulreife Evangelische Theologie an der Universität Basel, wo er von den theologischen Erkenntnissen Karl Barths beeinflusst wurde. An der Universität Lausanne legte er seine Dissertation vor und promovierte zum Doktor der Theologie. Er war als methodistischer Gemeindepastor tätig, bevor er in mehreren lateinamerikanischen und internationalen ökumenischen Einrichtungen arbeitete. Im Jahre 1973 wurde er zum Direktor der Kommission für Weltevangelisation und Mission beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf berufen. Als besonderes Ziel seiner Amtsführung bezeichnete er es, die südamerikanischen Pfingstkirchen in den Weltkirchenrat hineinzubringen.
Auch nach seinem Ausscheiden als ÖRK-Generalsekretär setzte Castro seine Aktivitäten in der ökumenischen Suche nach einer gerechteren Weltordnung fort. Sein Wirken blieb ungeachtet der seit den 1990er Jahren eingetretenen weltpolitischen Veränderungen gerichtet auf die Durchführung eines Friedenskonzils aller Kirchen, wie es vom "Konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung" (GFS) seit vielen Jahren angestrebt wird. Dafür war er auch publizistisch tätig, referierte auf Kongressen, trat als Herausgeber befreiungstheologischer Literatur auf.
Begonnen hatte dieser gemeinsamen Lernweg christlicher Kirchen zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung 1983 auf der VI. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Vancouver (Kanada), wo die Stationierung von Massenvernichtungswaffen diskutiert und als Verbrechen gegen die Menschheit bezeichnet wurde. Um etwas bewirken zu können, sollten die Kirchen gemeinsam für Frieden eintreten. Eine Konkretisierung innerhalb der GFS-Bewegung war auch die Erste Europäische Ökumenische Versammlung (EÖV) zum Thema "Frieden in Gerechtigkeit", die 1989 in Basel (Schweiz) stattfand. 1997 folgte die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung in Graz (Österreich) und 2007 die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung in Sibiu (Rumänien).