Blinde Menschen haben in manchen Gegenden der Welt keine Möglichkeit, Lesen und Schreiben zu lernen. Dabei gibt es die Blindenschrift Braille (Punktschrift) schon seit fast 200 Jahren. Ingrid Felber-Bischof, Beraterin beim Weltverband der Bibelgesellschaften (UBS), berichtet, wie die Bibelgesellschaften in Burkina Faso und Angola blinden Menschen das Lesen- und Schreibenlernen ermöglichen und damit ihr ganzes Leben bereichern und umgestalten.
Blindheit wird als Fluch empfunden
Laut dem Bericht der Evangelischen Mission Weltweit e.V. (EMW) wissen Eltern in gewissen Ländern der südlichen Hemisphäre gar nicht, dass Blinde lesen und schreiben lernen können. Hinzu komme, dass in gewissen Kulturen Blindheit als Fluch empfunden werde, der auf der ganzen Familie laste und sie zwinge Abstand zur Gesellschaft zu halten.
Bibelgesellschaft von Angola lanciert Alphabetisierungsprogramm für Blinde
In den USA könnten demnach nur etwas zehn Prozent aller blinden Menschen Braille (Punktschrift) lesen. Die Bibelgesellschaft in Angola hat vor Kurzem bei ihren Recherchen zu einem regionalen Projekt festgestellt, dass nur 1,1 Prozent der blinden Menschen in dieser Region überhaupt Lesen gelernt haben. Doch der Wunsch, es zu lernen, sei gross. Deshalb habe sich die Bibelgesellschaft dafür entschieden, zusammen mit den Kirchen und anderen Institutionen vor Ort ein Alphabetisierungsprogramm für blinde Menschen zu entwickeln, bei dem auch Bibeltext zugänglich gemacht wird.
Bibelgesellschaft in Burkina Faso führt seit zehn Jahren ein Ausbildungszentrum
In Ouagadougo, der Hauptstadt von Burkina Faso, hat die Bibelgesellschaft bereits vor zehn Jahren ein Ausbildungszentrum errichtet, in dem sie Alphabetisierungsprogramme für blinde Erwachsene anbietet. Blinde Tutoren, die ihre Ausbildung im Jahr zuvor als Kursbeste abgeschlossen hatten, dürfen nach Kursende für ein bis zwei Jahre eine Lerngruppe leiten. Sie erhalten für die Arbeit einen kleinen Lohn, mit dem sie sich ihre berufliche Zukunft aufbauen können.
Die Bibelgesellschaft in Burkina Faso kooperierte von Anfang an mit der Regierung, um den blinden Teilnehmenden die staatliche Anerkennung der Ausbildung zu gewähren. Der gesamte Lernstoff der staatlichen Schulen wurde übernommen und in Braille umgesetzt. Die Mitarbeitenden der Bibelgesellschaft schulten dann die staatlichen Mitarbeitenden, die am Ende jedes Semesters die Prüfungen abnehmen, damit sie die Arbeiten beurteilen können, die in Brailleschrift geschrieben sind.
Barrierefreiheit und Zugang zur Bibel
„Lesenlernen bedeutet für sie, ihre eigenen Fähigkeiten und Gaben zu entdecken, innere und äussere Anerkennung zu erfahren, Gerechtigkeit zu finden und am Leben teilhaben zu können. Dass sie als Teil ihrer Ausbildung auch Zugang zur Bibel bekommen und diese selbst lesen können, schafft eine noch tiefere Dimension von Teilhabe. Im reflektierenden Lesen können sie endlich auch eine persönliche Beziehung und einen inneren Dialog mit Gott beginnen. Nicht länger ausgegrenzt, sondern schrankenlos geliebt“, schreibt Ingrid Felber-Bischof.