Unter dem Titel «Glauben - Teilen» trafen sich am 29. März rund 900 Mitglieder und Gäste sowie 200 Kinder und Teens der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in der Deutschschweiz zur 122. Jahreskonferenz in der Parkarena Winterthur. Zudem loggten sich über 200 Anschlüsse auf dem Livestream ein.
Der Gottesdienst an der Jahreskonferenz am Samstagmorgen stellt den geistlichen Höhepunkt im Kirchenleben der Adventisten in der Deutschschweiz dar. Simiultanübersetzungen auf Englisch, Russisch, Ukrainisch, Portugiesisch und Spanisch ermöglichten Personen mit Migrationshintergrund am Geschehen teilzunehmen. Die Kinder wurden den ganzen Tag in altersgerechten Programmen betreut.
Kultur ist wichtig, wenn man den Glauben teilen will
Der Gottesdienst stand unter dem Titel «Mit anderen Augen». Alejandro Wollenweber, Pastor der Schulgemeinde am Seminar Schloss Bogenhofen, Oberösterreich, wies in der Predigt darauf hin, dass es bei der Vermittlung des Glaubens wichtig sei, die Kultur der anderen Person zu berücksichtigen bzw. sich in deren Lebenssituation einzufühlen. In dieser Weise sei auch Jesus seinen Mitmenschen begegnet. Er habe versucht, sie mit ihren Augen zu sehen. Jesus habe sein Gegenüber mit Augen der Liebe gesehen. Er sei nicht von sich selbst ausgegangen und habe deshalb viele mit der Liebe Gottes erreicht.
Die Predigt wurde mit einem Interview per Video, das auf den Strassen von Zürich aufgenommen wurde, unterbrochen, bei dem die Interviewten über ihre Einschätzungen des Lebens, nach Erwartungen, Zielen und anderen Lebensfragen sprachen. Dieses Kontrastprogramm vermittelte mitten in der Predigt den Zuschauern in der Parkarena einen Realitätsbezug.
Am Beispiel des Apostel Paulus, der im griechisch geprägten Lystra versuchte, das Evangelium und damit die Liebe Gottes weiterzugeben, zeigte Wollenweber auf, dass Paulus von den Bewohnern der Stadt missverstanden wurde und sie ihn und seinen Begleiter Barnabas als Götter verehren wollten. Auf die Kultur der Menschen einzugehen sei wichtig, um verstanden zu werden.
Man müsse aber auch ihre Sehnsüchte kennen, um ihnen vermitteln zu können, dass Gott nicht in der Kategorie «Götter» spielt. Die auf Götter projizierten Sehnsüchte würden Menschen versklaven und ihnen nicht bieten, was man sich von ihnen erhoffe. Der biblische Gott hingegen stille die Sehnsüchte der Menschen. Deshalb sei er in Jesus von Nazareth auf die Welt gekommen, um sich und seine Liebe sicht- und erfahrbar zu machen.
Unterbrochen wurde die Predigt durch eine Präsentation von Andreas Weber, Pastor des Hope Centers in Herne/Deutschland. Mit vier kurzen Viedeoseqenzen gab er Einblicke in die Tätigkeit im Hope Center. Die Gemeinde mit 70 Mitgliedern bietet in ihren Räumlichkeiten eine Kita, ein Familienforum mit Beratungspraxis, Eltern- und Erziehungskurse, Naturheilpraxis, und Pfadfinderarbeit. Damit versuchen sie den von ihnen ausgewählten Zielgruppen das Evangelium und damit die Liebe Gottes, im realen Alltag zu vermitteln: https://hopecenter-herne.de/
Workshops
Am Nachmittag wurden drei Workshops angeboten:
«Mission in Europa: Gottes Ruf und unsere Rolle», mit Jonathan und Abbey Contero.
«Adventistische Mission in Europa: Herausforderungen und Chancen», mit Florian Ristea.
«Radikal relevant: Wenn die Welt sich ändert, muss die Kirche folgen», mit Andreas Weber.
Weber geht davon aus, dass wenn sich Veränderungen in der Gesellschaft vollziehen, auch die Kirche mit ihrem Gemeindemodell darauf reagieren müsse. Sonst stehe sie anachronistisch in der Gegenwart und passe damit nicht mehr in die Zeit. Sie werde von den Mitmenschen als überholt oder unrelevant wahrgenommen. Es gehe dabei nicht um inhaltliche Veränderungen bezüglich der Glaubensüberzeugungen. Als Beispiel erwähnte er, dass das Hope Center in Herne Familien und Kinder als Zielgruppe ansprechen wolle. Sie hätten festgestellt, dass der Gottesdienstbeginn um 10 Uhr für Familien ungeeignet sei, weshalb er bei ihnen auf 16 Uhr festgelegt wurde. Am Ende gehe der Gottesdienst bei ihnen immer in ein gemeinsames Abendessen über, was die Frauen entlaste, da sie nichts für die Familie vorbereiten müssten.
Er nannte sechs Punkte, die Kirchen für die Gesellschaft attraktiv machen würden:
1. Klare und starke Vision
2. Zeitgemässe Gottesdienste
3. Starke Kleingruppenkultur
4. Klare Zielgruppe
5. Engagierte und leidenschaftliche Leiterschaft
6. Theologie der Ermutigung und Hoffnung
Ordination zum Pastorendienst
Zum Pastorendienst wurden am Nachmittag zwei Pastoren ordiniert:
Dominic Bornand arbeitet im Gemeindebezirk Winterthur/Schaffhausen und wird neu auch als Dozent am Theologischen Seminar in Bogenhofen wirken; Stephan Münch ist Pastor im Bezirk Basel/Reigoldswil und auch zuständig für die Pfadfinder- und Jugendarbeit in der Region.
Pastor Stephan Sigg, Präsident der Adventisten in der Deutschschweiz, sagte in seiner Ordinationsansprache, dass Pastoren Brückenbauer seien. Es gehe darum, das fortzusetzen, was der oberste Brückenbauer, (lat. «Pontifex Maximus»), Jesus Christus mit seinem Leben vorgelebt habe: Gott den Menschen lieb zu machen und zu versuchen, ihnen einen Zugang zu Gott zu vermitteln.
Bei einer grossen Hängebrücke im Tessin gebe es auf beiden Seiten der Brücke eine Wegleitung zur Brückenüberquerung, so Sigg. Diese fünf Punkte der Wegleitung gab er den beiden Ordinierten mit auf ihren Weg und wandte sie in einer Analogie auf den Pastorendienst an:
1. Auf das Ziel schauen
2. Schritt für Schritt gehen und nicht zögern
3. Nicht nach hinten oder unten schauen
4. Freue dich auf die andere Seite
5. Wenn möglich, geh nicht allein
Zum Einsegnungsgebet waren auch die Frauen sowie die Kinder der Paare auf dem Podium, gemeinsam mit den ordinierten Pastoren der Deutschschweiz.
Ordination bei den Adventisten
Nach positivem Abschluss der zweijährigen Zeit als Pastoralassistenten erhalten adventistische Pastoren und Pastorinnen einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Nach weiteren zwei bis drei Jahren werden Pastoren ordiniert (ordained Minister), was in der adventistischen Kirche eine Einsegnung für eine weltweite pastorale Tätigkeit bedeutet. Pastorinnen werden segnend beauftragt (commissioned Minister), was einer vollständigen Beauftragung als Pastorin innerhalb der zuständigen regionalen Kirchenleitung (Vereinigung) entspricht. In der Deutschschweiz sind gesegnete Pastorinnen ihren ordinierten Kollegen bezüglich Kompetenzen und Pflichten, mit Ausnahme minimer Differenzen, gleichgestellt. Pastorinnen können demnach Gemeinden leiten, Hochzeiten, Beerdigungen, das Abendmahl und Taufen durchführen und werden auch lohnmässig wie die ordinierten Pastoren eingestuft.
Abschluss des Nachmittagsprogramms
Der Schluss des Nachmittagsprogramms wurde mit einem Lied der angolanischen Migrationsgemeinde in Zürich umrahmt, bei dem die Sänger und Sängerinnen in farbenfrohen Talaren auftraten, sowie mit Liedern der Kinder der Privatschule A bis Z, die das Programm abgeschlossen.
Der grosse Quiz-Abend mit dem Team des Hope TV setzte den Schlusspunkt der Veranstaltung. Mehr zu Hope TV: https://hopetv.de/