Abschlusserklärung des Tsunami-Gipfels in Indonesien: Aufbau eines Warnsystems

Jakarta, Indonesien | 06.01.2005 | Associated Press AP | International

Wenige Minuten entscheiden über Leben und Tod

Es sind nur ein paar Minuten, aber sie können für das Überleben Tausender von Menschen entscheidend sein. Frühwarnsysteme sollen Tsunamis einen Teil des Schreckens nehmen und die Bewohner der Küsten am Indischen Ozean, wo es einen solchen Schutz bislang nicht gibt, künftig besser gegen die Folgen der zerstörerischen Flutwelle nach einem Seebeben wappnen.

Tsunami-Warnschild

"Wir dürfen nicht mehr so verletzlich und so ungeschützt bleiben", erklärte der thailändische Außenminister Surakiart Sathirathai am 6. Januar auf dem internationalen Tsunami-Gipfel in Indonesien. In der Abschlusserklärung riefen die Gipfelteilnehmer aus 20 Staaten zur Errichtung eines solchen Warnsystems auf. Einzelheiten zur Finanzierung oder Logistik blieben zunächst offen. Die Asiatische Entwicklungsbank will rund 750.000 Euro für Forschungsarbeiten zur Verfügung stellen.

Eines ist deutlich geworden: Mit ihren verstärkten Anstrengungen zum Aufbau eines Frühwarnsystems im Indischen Ozean will die Staatengemeinschaft beweisen, dass sie die brutale Lektion der Flutkatastrophe gelernt an. Japan, das im Pazifik bereits an ein derartiges System angeschlossen ist, kündigte auf der Konferenz seine Unterstützung für das Projekt an. Noch im Januar soll eine internationale Konferenz in der japanischen Stadt Kobe sich eingehender mit dieser Frage befassen.

Australische Forscher entwickeln derzeit ein Warnsystem für den Indischen Ozean. Es soll nach ihren Angaben innerhalb eines Jahres einsatzbereit sein, seine Errichtung soll rund 15 Millionen Euro kosten. Dieses System soll aus 30 über die Region verbreiteten Seismographen zur Entdeckung von Erdstößen bestehen, ferner aus zehn Gezeitenmessern und sechs Tiefsee-Mess- und -Meldebojen, mit deren Hilfe erkannt werden kann, ob ein Erdbeben eine sich ringförmig ausbreitende Flutwelle ausgelöst hat. Diese Bojen haben einen Anschaffungspreis von etwa 190.000 Euro; ihre Instandhaltung kostet noch einmal 38.000 Euro im Jahr.

Nicht enthalten in dieser Aufstellung sind freilich die Kosten für die Kommunikationsverbindungen, die nötig sind, um die Bewohner der Küstenregionen vor dem Anrollen einer Killer-Welle zu warnen. "Wenn ein Tsunami kommt, muss man dass bis zum letzten Kerl am Strand weitermelden. Das ist das eigentlich Schwierige", erklärte kürzlich der Chefwissenschaftler des Geowissenschaftlichen Instituts von Australien, Phil McFadden.

Bislang existiert erst ein Tsunami-Frühwarnsystem, und zwar im Pazifik. Es befindet sich auf Hawaii und wird von der Nationalen Ozeanischen und Atmosphärischen Behörde (NOAA) der USA geführt. Wie so oft hat es auch in diesem Fall erst einer Katastrophe bedurft, bevor das System errichtet wurde. 1944 hatte ein Erdbeben in dem weit entfernten Alaska eine Flutwelle ausgelöst, die dann auf Hawaii mehrere hundert Menschenleben forderte. Drei Jahre später wurde das Tsunami-Zentrum auf Hawaii errichtet.

Aber erst vor drei Jahren erhielt das Frühwarnsystem ein halbes dutzend Sensoren auf dem Ozeanboden, die Daten eines Tsunami an eine Boje an der Oberfläche weitermelden, die dann wiederum an Satelliten gefunkt werden. Mindestens 15 weitere Oberflächen-Bojen hätte die NOAA gerne im Pazifik. Und es werden inzwischen Stimmen laut, die auch die amerikanische Ostküste, den Golf von Mexiko und die Karibik, die bislang ungeschützt sind, an das Warnsystem anschließen wollen.

Anstieg der Todesbilanz erwartet

Die Gesamtzahl der offiziell registrierten Toten im Katastrophengebiet lag bis Freitag bereits bei rund 165.000. Annan sagte jedoch vor den Konferenzteilnehmern, es sei mit weiteren Opfern zu rechnen. Allein Indonesien zähle mittlerweile mehr als 100.000 Todesopfer, wie Vizepräsident Jusuf Kalla erklärte. Die offizielle Bilanz der bestätigten Toten verbleibe zwar noch bei 94.200, doch sei angesichts der zahlreichen Vermissten ein weiterer Anstieg zu erwarten. Bis zu eine Million Menschen seien allein auf der am schwersten betroffenen Insel Sumatra obdachlos geworden, und ebenfalls eine Million Menschen hätten ihren Lebensunterhalt verloren, sagte Kalla.

© 2005 The Associated Press.

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