Das Oberhaupt der Koptisch-Orthodoxen Kirche, Papst Schenuda III. von Alexandrien, hat bei einem Besuch im Juni in Jordanien einem christlich-jüdischen Dialog eine klare Absage erteilt. Man könne die Beziehungen zu anderen christlichen Kirchen wie zum Islam ausbauen, aber nicht zu den Juden: "Solange Jerusalem nicht von der israelischen Gegenwart befreit ist, werden die Füsse der Koptischen Kirche nicht dorthin gehen", meinte der koptische Papst. Die Äusserungen riefen auf jüdischer Seite heftige Kritik hervor. Der Leiter des Amerikanischen Jüdischen Komitees für interreligiöse Beziehungen, David Rousen, sprach von einer "feindlichen Haltung gegenüber dem jüdischen Volk, voll von Vorurteilen". Zudem arbeite die Koptisch-Orthodoxe Kirche in Jerusalem frei unter dem Schutz Israels. Sie sei in der Heiligen Stadt stark präsent, beklage sich aber seit Jahren, sie würde von den israelischen Behörden zu Gunsten der Äthiopier benachteiligt. Dabei gehe es, wie der Informationsdienst "Orthodoxie Aktuell" berichtet, vor allem um Besitzrechte an der Grabeskirche und um einige Klöster in der Altstadt Jerusalems.
Antijüdische Erklärungen gab es in jüngerer Zeit mehrfach in der Koptisch-Orthodoxen Kirche. So hatte der damalige Papst Quirillos VI. im Jahre 1964 als Antwort auf die judenfreundlichen Erklärungen des Zweiten Vatikanischen Konzils der römisch-katholischen Kirche in Kairo eine koptische Synode versammelt, die jede christlich-jüdische Annäherung verdammte. Unter Papst Schenuda III. schien eine Änderung zu erfolgen. So wurden sogar judenfeindliche Aussagen in der koptischen Kirchenliturgie gestrichen. Offensichtlich will der Kopten-Papst jetzt aber Äusserungen in der ägyptischen Presse entgegentreten, die jede Forderung nach mehr Religionsfreiheit als indirekten Dienst an Israels Interessen anprangerten.
Der Vorsteher der Koptischen Kirche lehnt seit Jahren auch Gespräche mit der protestantischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten ab. In verschiedenen Publikationen behauptete Papst Schenuda, die Adventisten glaubten nicht an die Göttlichkeit Christi und seien Zionisten. Im Januar 2003 betonte das koptische Kirchenoberhaupt in einem Interview mit dem ägyptischen Fernsehen, dass in Ägypten Christen und Muslime eine gute Gemeinschaft hätten, nur die Siebenten-Tags-Adventisten und die amerikanischen Juden seien Störenfriede und würden diese Eintracht stören.
Die Weltkirchenleitung (Generalkonferenz) der Adventisten reagierte auf diese päpstlichen Anschuldigungen mit der Feststellung, dass beide Behauptungen nicht nur befremdlich, sondern auch falsch seien. Die Göttlichkeit Jesu und die Trinitätslehre gehörten für die Adventisten seit langem zu ihren Glaubensüberzeugungen. Für sie habe der Staat Israel auch keine besondere biblisch-prophetische Bedeutung, sondern zähle zu den von den Vereinten Nationen anerkannten Ländern. Die Freikirche der Adventisten besteht in Ägypten aus Einheimischen und wurde bereits 1901 gegründet.
In den vergangenen Jahren hatte die Generalkonferenz verschiedentlich Schreiben an den koptischen Papst-Patriarch Schenouda III. gerichtet und sondierende Gespräche mit dem Ziel vorgeschlagen, zu einem besseren gegenseitigen Verständnis zu gelangen, falsche Klischeevorstellungen abzubauen und über tatsächliche und vermeintliche Spannungspunkte offen zu reden. Wie die adventistische Weltkirchenleitung dem Adventistischen Pressedienst (APD) gegenüber bestätigte, habe das Koptisch-Orthodoxe Patriarchat bisher weder auf das adventistische Gesprächsangebot geantwortet noch bestehende bilaterale Kontaktmöglichkeiten auf der Ebene des Ökumenischen Rates der Kirchen, des Nahöstlichen Kirchenrates oder anderer altorientalischer Kirchen zu den Adventisten dafür genutzt.
Zur Koptischen Orthodoxen Kirche gehören zwischen sechs und acht Millionen Gläubige in Afrika, Asien, Europa sowie Nord- und Lateinamerika. Der Sitz des Patriarchates ist Kairo. In Ägypten leben etwa vier Millionen Kopten, die zu 41 Diözesen mit rund eintausend Pfarreien gehören. Die Koptische Orthodoxe Kirche ist Gründungsmitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) sowie Mitglied der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC) und des Nahöstlichen Kirchenrates (MECC).